Astrid Schulte: Transformation heißt, Menschen bewegen

Auf der COPETRI CONVENTION 2022 hat Astrid Schulte, CEO der Berendsohn AG, eine viel beachtete Keynote zur Transformation des Familienunternehmens gehalten. Den Inhalt ihres sehr persönlichen Vortrags gibt dieses Abstract wider. Astrids Keynote ist auch als Video in unserer Mediathek verfügbar.

Einstieg: Der Mensch Astrid Schulte

Astrid stellt sich selbst ausführlich vor: Kindheit auf einem Bauernhof im westfälischen Münster ohne Konsum. Ihr einziger Wunsch waren Adidas Allround Schuhe. Die Glaubenssätze dieser Zeit:

  • Von nichts kommt nichts
  • Zu gut schafft Neider, zu schlecht schafft Mitleid

„Glaubenssätze prägen, ob wir wollen oder nicht“

Ihre Reaktion: Alles, nur nicht normal sein!

Astrids Karriere

Karriere war für Astrid der Ausstieg aus dieser Normalität. Sie übernahm das Brand Management bei namhaften Unternehmen und erlebte spannende Learnings. Jedoch auch die Schattenseiten wie zeitweise 80 Arbeitsstunden in der Woche. Dennoch akzeptierte sie die Regeln der Unternehmen.

Irgendwann war sie völlig erschöpft und kam zu dem Schluss: Diese Dominanzsysteme sind falsch. Sie sind immer druckvoll, fördern Menschen nur einseitig, fordern von ihnen, ihre Authentizität abgeben und holen eben nicht das Beste aus ihnen heraus. Astrid entschloss sich zu kündigen.

„Eine meiner Grundüberzeugungen: Leben muss parallel zu dem Beruf stattfinden können!“

Mutter und Unternehmerin

Astrid lernte ihren Mann kennen und wurde schwanger. Nun war klar: Sie braucht als Mutter mehr Flexibilität. Es folgte der Start als Unternehmerin mit Bellybutton. Dort erlebte sie eine besondere Kultur: leben lassen, fördern nach Stärken, Transparenz. Diese Kultur war für alle Stakeholder spürbar: Kunden, Lieferanten, Mitarbeitende …

„Das war so wertvoll, das funktionierte auch, weil wir es unbedingt erhalten wollten.“

Astrid klärt ihre Werte in Bezug auf ihr Berufsleben:

  • Freiheit
  • Selbstbestimmung
  • Leben

Inspiration gibt ihr das Buch „Conscious Business“ von Fred Kofmann. Das Streben nach 100-prozentige Integrität wird ihr Gamechanger:

„Wofür stehe ich und was ist nicht verhandelbar?“


Astrids Einstieg bei Berendsohn

Im Jahr 2017 kauft Astrid gemeinsam mit zwei Freunden das Familienunternehmen Berendsohn AG. Das Business: Werbe-, Mitarbeiter-, Kundengeschenke. Der Klassiker ist der KS, der Kugelschreiber! Die Kultur: hierarchisch, analog, starke Werte, große Loyaliät.

Eckdaten der AG:

  • 900 Mitarbeiter
  • 70 Millionen Euro Umsatz
  • Defizitär, jährlich 2-3 Millionen Euro
  • Direktvertrieb
  • Kunden sind zu 70 Prozent Kleinstunternehmen
  • Markt stabil

In der Branche kennt sich Astrid nicht aus. Jedoch:

„Ich habe mir die Zahlen angeschaut: 500 Mitarbeitende im Außendienst, Zugang zu 350.000 Kunden, kleinen Unternehmen in ganz Europa – was ist das für ein Asset!“

 

Transformation bei Berendsohn

Astrid erzählt, welche Schritte sie gegangen sind, um Berendsohn zu transformieren:

  1. Klare Vision formuliert

Wir begleiten Kleinstunternehmen vor dem Hintergrund wachsender technologischer und gesellschaftlicher Veränderungen auf ihrer Transformation, um ihren nachhaltigen Erfolg zu sichern.

  • Vision ist Maßstab für Strategie
  • Vision hilft immer wieder, den Fokus zu halten
  • Werbegeschenke sind ein Teil davon, Unternehmen sichtbarer zu machen.
  • Die Vision steht bei uns auch gleich am Eingang. Sie ist Gradmesser und auch das, was die Leute in ein Boot bringt.
  • Eine Vision darf nie in der Schublade verschwinden, sondern muss gelebt werden.
  1. Neues Businessmodell entwickelt
  • Gespräche mit vielen Kleinstunternehmen ergaben: Sichtbarkeit, auch digital, in ein großer Pain Point
  • Das Businessmodell wird um Produkte für digitale Sichtbarkeit erweitert – wie eine kleine Marketingagentur für die Kunden

„Die Frage war, wie wir Mitarbeiter, die 20 Jahre Werbeartikel verkauft haben, dazu bringen, Marketinganalysen von ihren Kunden zu machen und dann ins Gespräch zu kommen bezüglich Website, Social Media Ads, Marketingprogramm.“

  • Kundenversprechen: Wir machen alles für dich! Es gibt keine Hotline, nur einen Ansprechpartner, ein Rundum-Sorglos-Paket und kostengünstig.

Die Transformationsbereitschaft war nicht bei allen gegeben. Um die Profitabilität zu sichern, mussten 20 Prozent der Mitarbeiter:innen gehen.

  1. System der Zusammenarbeit definiert
  • Enorm wichtig ist, das Kooperationsmodell zu definieren.
  • Transparenz durch ein klares KPI-System
  • Ziele definieren mit OKR
  • Flache Hierarchen: Hierarchiestufen von 5 auf 2 reduziert
  • horizontale Teams gebildet

„Ich glaube sehr an New Work. So wie Fritjof Bergmann das mal definiert hat, so wie Arbeit sein kann, dass sie wirklich stärkt.“


4. Unmittelbare und individuelle Führung etabliert

  • Jeder muss gesehen werden
  • Sei ein Learner, not Knower – einfach mal hören: wie geht es den Menschen, was sind ihre Ängste, was sind die Themen, was sind die Stärken, was kann ich tun?
  • jeder ist unterschiedlich hinsichtlich des Freiheitsgerades, daher werden nicht alle mit dem gleichen Freiheitsgrad geführt
  • Sicherheit des gemeinsamen Bootes kreieren und leben
  • Menschen führen Menschen

„Ich glaube sehr wohl, dass man sich auch als Führungskraft, verletzbar sein und auch menschlich zeigen kann.“

  • Sich Zeit nehmen, um die Menschen zu verstehen und sie dann nach ihren Stärken einsetzen.
  • Selbstführung: Wer sich nicht selbst führen kann, sollte auch keine anderen Menschen führen.
  • Ego-freie Kultur, denn Ego ist meist angstgetrieben. Inspirations-Tipp: Eckhard Tolle
  • Routinen etablieren, jeder hat seine Routine, Yoga, Meditation
  • Verletzbarkeit:

„Ich zeige mich, mein Gegenüber zeigt sich, ich habe damit ausschließlich positive Erfahrungen gemacht.“

  • Kontinuität und Konsistenz sind extrem wichtig, wenn wir andere Menschen führen.

 

Astrids Erfolge
  • Seit 2021 profitabel: ein großer Erfolg, „denn Corona hilft im Direktvertrieb nicht!“ Hier half das digitale Package, um Sichtbarkeit den Unternehmen weiterhin digital zu bieten
  • Transformation in allen Ländern: 10 Prozent Digitalanteil. Alle Kunden, die Digital kaufen, kaufen auch Werbegeschenke. Digitalkunden haben durchschnittlich einen Umsatz von 4500 Euro (vorher 1600 Euro). Das war eine Größe, die erst durch das digitale Angebot zu bewegen war.
  • deutlich höhere Profitabilität
  • kaum Fluktuation
  • digitale Skalierbarkeit

“Das ist eine schöne Reise, die jetzt erst richtig Spaß macht. Wir sind kein „Hidden Champion“, wir sind „Open Champion“, das heißt wir sind auf Konferenzen vertreten … – weil ich glaube, dass das schon ein guter Case ist, wie man achtsam und conscious das Business verändern und nachhaltig profitabel gestalten kann.“

HIer geht’s zum Video mit Astrid.

DAS KÖNNTE DICH AUCH INTERESSIEREN.