Purpose: mehr als schöner Schein 

Die Idee, mit der eigenen Arbeit Sinn zu stiften, ist so alt wie die Menschheit. Seit einigen Jahren ist dafür der Begriff „Purpose“ auch im deutschsprachigen Raum angekommen. Um Purpose dreht sich eine lebendige Diskussion: Können und wollen wir überhaupt noch ohne Purpose arbeiten? Oder ist die Konzentration darauf übertrieben? Es lohnt sich auf jeden Fall, genauer zu betrachten, was das Purpose-Konzept für Mitarbeitende, die Arbeitgebermarke und den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen bedeutet, was dafür und vielleicht auch dagegen spricht.

Purpose mehr als schoener schein

Was genau ist Purpose? 

Sinnfragen gehören zum Menschen dazu. Sie beziehen sich auf alle Bereiche unseres Lebens, auch auf unsere Arbeit. Doch wann und wie entsteht Sinnhaftigkeit oder Purpose? 

„Sinn entsteht immer dann, wenn das, was wir tun, in einer guten Weise über uns selbst hinausweist.“ 

Das heißt: Menschen möchten etwas tun, das anderen oder auch einem übergeordneten System nutzt. Mit unserer Arbeit möchten wir zum einen Gutes für andere tun. Darüber hinaus dienen wir aber auch einem übergeordneten Wertesystem. Oft ist uns das gar nicht bewusst. 

Werte stehen mit in engem Zusammenhang, und sie unterscheiden sich von Individuum zu Individuum, aber auch von Organisation zu Organisation stark. Werte können auch in Konflikt miteinander geraten. Wenn wir unsere Arbeit als belastend oder unbefriedigend empfinden, liegt es mitunter daran, dass ihre Auswirkungen oder die Ausrichtung des Unternehmens nicht im Einklang mit unseren Werten stehen. 

In der Kommunikation von Unternehmen gibt es teilweise eine unscharfe Abgrenzung zwischen den Begriffen Purpose, Corporate Social Responsibility (CSR) und Vision. CSR beschreibt konkrete Maßnahmen außerhalb des Tagesgeschäfts, wie zum Beispiel Spenden an gemeinnützige Organisationen. Die Vision bezieht sich auf ein langfristiges Zielbild, auf das sich die Aktivitäten des Unternehmens ausrichten. Purpose ist hingegen die zugrundeliegende Sinnhaftigkeit, die tagtäglich erfahrbar ist.

Rendite schlägt Purpose? 

Es ist kein Geheimnis, dass manche Unternehmen mit ihrem Vorgehen und ihren Produkten gesellschaftlichen, sozialen oder ökologischen Schaden anrichten. In der Regel verfolgen sie nicht vorsätzlich das Ziel, schädlich zu handeln. Der Schaden ist ein „Nebenprodukt“, weil eine andere Maxime – der wirtschaftliche Erfolg – als wichtiger erachtet wird. Dies ist ebenfalls ein Wert und ohne wirtschaftlichen Erfolg kann ein Unternehmen auch nicht überleben. 

Mittlerweile hat jedoch eine Werteverschiebung eingesetzt. Immer mehr Menschen sehen vor allem Nachhaltigkeit mit den drei Segmenten E (ecological), S (social) und G (governance) als so wichtig an, dass sie bevorzugt für ein Unternehmen arbeiten möchten, dass sich dafür einsetzt. Arbeitgeber müssen wirtschaftlichen Erfolg mit diesen Werten in Einklang bringen. Dabei eröffnen sich ihnen sogar neue Chancen: Denn Purpose kann den unternehmerischen Erfolg stärken.  

Purpose als Aspekt der Arbeitgebermarke

So ist die Bedeutung von Purpose im Employer Branding stark gestiegen. Ein erfolgreiches Unternehmen mit einer ethischen und nachhaltigen Positionierung, entsprechenden Produkten sowie Services kann bei Mitarbeitenden punkten – sowohl beim Finden neuer Kolleginnen und Kollegen als auch bei der langfristigen Bindung. 

Purpose als tief liegende Sinnhaftigkeit unternehmerischer Aktivität wirkt stark motivierend, verbindend und setzt Energie frei. Diese kann sowohl in das Tagesgeschäft als auch in notwendige Transformation sowie in die Entwicklung von Innovationen einfließen und damit wiederum zum nachhaltigen Unternehmenserfolg beitragen. 

Alle Stakeholder im Blick

Purpose richtet sich aber nicht nur an Mitarbeitende, sondern auch an die Verbraucher:innen, Geschäftspartner:innen und an alle weiteren Stakeholder. Diese wenden sich ebenfalls lieber einem Unternehmen zu, dass einen authentischen Purpose aufweist. Damit dieser Effekt eintritt, muss der Purpose prägnant formuliert und glaubwürdig nach innen sowie außen kommuniziert werden. 

Das WIE wird zum Purpose

Wenn ein Unternehmen aus seinem Geschäft keinen überzeugenden Purpose ableiten kann, hat es dennoch Möglichkeiten, mit den Bedürfnissen der Menschen auf gute Weise umzugehen: Dann wird das WIE mitunter wichtiger als das WAS. Dann kann der Purpose darin liegen, einen wertschätzenden Umgang miteinander zu pflegen, ein gutes Betriebsklima zu schaffen, die Mitarbeitenden sorgfältig zu entwickeln sowie intern und extern authentisch zu kommunizieren.  

Technologieentwicklung befeuert Purpose

Purpose ist weitaus mehr als schöner Schein. Zukunftsforscher sind der Meinung, dass seine Bedeutung sogar noch zunehmen wird. Grund ist die technologische Entwicklung. So meint das Frankfurter Zukunftsinstitut, dass künftig immer mehr Arbeiten von IT und Künstlicher Intelligenz übernommen werden. Damit stelle sich umso mehr die grundlegende Frage nach dem Sinn der menschlichen Arbeit. 

Dennoch gibt es keinesfalls nur Befürworter der Purpose-Idee. So stellt sich vor dem Hintergrund dieser Entwicklung die Frage: Was wird aus Unternehmen, die aus ihren Aktivitäten keinen sinnvollen Purpose ableiten können? Und das sind nicht wenige. Eine große Gefahr liegt im „Purpose-Washing“, der Erfindung einer vermeintlichen Sinnhaftigkeit. Diese wird unweigerlich zum Bumerang, zum Beispiel beim Finden neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. 

Ein weiterer Kritikpunkt lautet, dass sich Unternehmen im Zuge ihrer Purpose-Aktivitäten zu stark mit sich selbst beschäftigen. Tagesgeschäft sowie Innovation und – vor allem – die Kundinnen und Kunden könnten aus dem Blick geraten. 

Was heißt das für die Praxis?

Sicher ist: Der Purpose ihrer Arbeit ist für viele Menschen ein Thema. Mit ihren Erwartungen müssen sich Unternehmen in der Praxis auseinandersetzen. Hier zusammengefasst die wichtigsten Punkte: 

  • Den eigenen Purpose herausarbeiten – am besten unter Einbeziehung von Mitarbeitenden verschiedener Bereiche und Ebenen. 
  • Den Purpose prägnant formulieren und deutlich von CSR, Mission und Vision abgrenzen. 
  • Purpose authentisch nach innen und außen kommunizieren. 
  • Lässt sich aus Produkten und Services kein klarer Purpose ableiten: das WIE der Zusammenarbeit stärken. 
  • Purpose und wirtschaftlichen Erfolg nicht als Gegensätze behandeln. Purpose trägt zu einer starken Arbeitgebermarke und einem positiven Image bei und stärkt damit den langfristigen Erfolg. 

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