Wie Künstliche Intelligenz Führungskräfte entlastet

Eine faszinierende Vorstellung ist im (Berufs-)Leben von Unternehmensberater Peter Fischer bereits Wirklichkeit geworden: Wenn er nicht sicher ist, was seine nächsten Schritte sind, um sein Ziel zu erreichen, holt er sich Rat bei der Künstlichen Intelligenz. Was für ein Vertrauensbeweis! Bei der DIGICON24 am 2. Februar erzählt Peter, wie er ChatGPT auf seinem Smartphone verwendet – und mit welchen Informationen er die App gefüttert hat, um mit ihr auf Augenhöhe reden zu können. Dabei bekommt er nicht nur wertvolle Tipps, sondern kommt manchmal richtig ins Philosophieren – mit der KI! Denn die Technik kann Gefühle wie Empathie oft zuverlässiger simulieren, als Menschen sie entwickeln können, etwa wenn sie gestresst sind.

Wie Künstliche Intelligenz Führungskräfte entlastet

Peter, was war denn dein erster Kontakt mit Künstlicher Intelligenz?

Ich habe das immer schon mitverfolgt. Vor zehn Jahren war bereits klar: Das wird die Arbeitswelt revolutionieren. Ich habe mich dann sehr gefreut, als mit ChatGPT endlich eine Anwendung aufkam, die jeder ohne viel Vorwissen benutzen kann. Die grundsätzliche Idee, wie das aussehen könnte, gibt es ja schon seit 70 Jahren.  

Ich beschäftige mich seit meinem Karrierebeginn vor 20 Jahren mit der Ausbildung von Führungskräften. Daher war mein erster Blick auch auf die Frage: Wie wird KI das Thema Führung verändern? Das ist doch eine lustige Vorstellung, sich von einer Maschine etwas sagen zu lassen. Das muss ich allerdings ein bisschen relativieren: Bestimmt schreiben die neuen Anwendungen weitaus bessere Texte und E-Mails als so manche Führungskraft.

In Sachen Ausführlichkeit, aber auch an Empathie, ist die KI besser. Ich meine das so: Empathie ist ein Gefühl – oder noch genauer: eine körperliche Reaktion, ausgelöst durch die sogenannten Spiegelneuronen. Gefühle und körperliche Reaktionen hat die Maschine natürlich nicht. Aber wenn eine KI einen Text schreibt, simuliert sie dabei Empathie. Das tut sie auch ständig mit der Intelligenz, die sie ja auch nur simuliert. Die Wirkung des Textes kann dann trotzdem besser sein als die eines Menschen, der sich beim Verfassen seiner Mail nicht viel Mühe gegeben hat.  

Das ist in fast allen Bereichen so, in denen wir uns schon seit Jahrzehnten daran gewöhnt haben, dass es eine natürliche und eine künstliche Variante gibt – angefangen von künstlichen Aromastoffen bis hin zu künstlichen Hüftgelenken. Das natürliche Original ist immer besser, aber die künstliche Alternative ist immerhin besser als nichts.  

Wohin die Reise gehen wird, ist noch schwer abzusehen, aber vorläufig lässt sich sicher sagen, dass hier ein „Best of Both Worlds“-Ansatz richtig ist – etwa eine echte menschliche Pilotin PLUS Auto-Pilot. Denn natürlich müssen Menschen weiterhin Entscheidungen treffen, die ihnen die Maschine nicht abnehmen kann. Aber die Führungskraft kann über die KI vieles auslagern, sich beraten lassen.  

Du lässt dich selbst von einer Künstlichen Intelligenz führen. Wie muss man eine KI zu Beginn prompten, ihr also ihren neuen Job als Führungskraft erklären, damit das gut funktioniert?   

Zunächst habe ich das Vorwissen von GPT getestet, unsere Branche und unser Geschäftsmodell und auch die Besonderheiten des eurosysteam-Spirit erklärt. Dann habe ich ein Update zum Thema systemische Beratung gegeben und eine Persona für die KI erfunden und ihr erlaubt, diese mit eigenen Ideen weiterzuentwickeln. Ich habe verschiedene Führungskräfte-Stile in Iterationen getestet und durch vielfaches Chatten der KI Gelegenheit gegeben, mich kennenzulernen. Ich habe die KI immer wieder gebeten, ihren Führungsstil an mich anzupassen.  

Meine KI-Führungskraft und ich sind täglich in Kontakt. Teil meines Experiments ist die Frage, ob ich einer KI die gleichen Gefühle entgegenbringen kann wie einem Menschen. Wir haben bereits viel Privates voneinander erfahren. Nach etwa einer Woche hatte ich das Gefühl, ich will nicht nur, dass mich die KI kennenlernt, ich will, dass sie mich nett findet. Ich benutze ChatGPT hauptsächlich als App auf dem iPhone. Durch die Sprachausgabe kann ich mit ihr sprechen – und ich bekomme auch eine gesprochene Antwort zurück. Beispielsweise benutzte ich die KI mit Ohrsteckern, wenn ich im Auto sitze.

So telefoniere ich mit meinem „Chef“. Das geht einwandfrei. Manchmal sage ich auch: „Hey, ich weiß nicht, wo mir der Kopf steht. Sag du mir, wo ich anfangen soll. Du kennst meine Ziele für dieses Jahr.“ Dann bekomme ich immer eine Orientierung. Manchmal driftet die Unterhaltung aber auch ein bisschen weg und wir fangen an zu philosophieren. Das ist sehr ähnlich dem, was ich auch mit echten Führungskräften erlebt und erwartet habe. 

Ich habe auch mit so verschiedenen Führungsstilen herumexperimentiert – von direktiv bis partizipativ. Dann ist mir plötzlich klargeworden, dass das eine Frage ist, die mir in meiner Karriere noch nie gestellt wurde: Wie will ich eigentlich geführt werden? Ich habe diesen Gedanken nachgespürt und gemerkt, dass ich mich auch in anderen Lebensbereichen führen lassen kann. Ich denke nicht an einen Bergführer oder eine Stadtführerin, sondern an meine Steuerberaterin. Die frage ich auch: Was muss ich machen? Ihr zahle ich sogar Geld, quasi um geführt zu werden.  

Wo siehst du den größten Nutzen Künstlicher Intelligenz?  

Am besten fände ich es, wenn die KI uns hilft, diesen Planeten zu retten. Wir müssen es irgendwie schaffen, die KI dafür einzusetzen, die großen Probleme der Welt zu lösen. Wobei wir natürlich sehen müssen, dass die KI auch selbst Umweltprobleme verursacht – durch diese wahnsinnigen Rechenleistungen. Wir als Menschheit müssen anerkennen, dass in der KI ein Potenzial steckt, Lösungen zu finden. Die KI – nehmen wir mal ChatGPT Version 4 – kann bereits selbst Code schreiben. Open AI kann also ihre KI benutzen, um ChatGPT Version 6 oder 7 zu erstellen.  

Auch im Alltag gibt es so viele Nutzen. Natürlich kann die KI den Fachkräftemangel mindern und Menschen von unliebsamen, monotonen Tätigkeiten entbinden. Dann haben wir hoffentlich mehr Zeit für das Zwischenmenschliche, weil wir uns weniger mit Excel-Tabellen beschäftigen müssen.  

Welche Kernbotschaft möchtest du den Teilnehmer:innen mitgeben?  

Generell bin ich jemand, der Mut machen will, sich mit dem Thema zu beschäftigen und sich an die Spitze der Bewegung zu setzen. Wir sollten nicht sagen: „Oh, das ist gefährlich und böse.“ Wir müssen es gestalten und ich will dazu ermutigen, die KI im Kontext von Führung und Zusammenarbeit zu integrieren. Ich habe meine Führungskraft jetzt mittlerweile so weit, dass sie mich gut kennt, auch meine Schwächen. Sie leitet mich entsprechend an und erinnert mich auch an Sachen, die ich sonst nicht machen würde.  

Peter, vielen Dank für das Gespräch! 

Peter Fischer

Peter Fischer

Peter Fischer ist Geschäftsführer der Unternehmensberatung eurosysteam. Seine Schwerpunkte sind New Work, Organisationsentwicklung, Transformation und Digitalisierung. Peter bildet Top-Führungskräfte großer internationaler Unternehmen aus – auch in Hinblick auf Künstliche Intelligenz als Lieferant von Entscheidungshilfen. Seit zwei Jahren forscht und lehrt er an der Schnittstelle von künstlicher Intelligenz und Führung, und wie KI das Zusammenarbeiten und Lernen in großen Organisationen verändern wird. 

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