Innovation als strategische Ausrichtung: Wie Vision und Leitbild den Innovationsprozess steuern
Innovation als strategische Ausrichtung: Wie Vision und Leitbild den Innovationsprozess steuern
Innovation bedeutet Wert durch Umsetzung von Ideen. In diesem zweiten Beitrag werfen wir einen Blick auf die Integration der Innovationsfunktion in die Unternehmensorganisation und wie ein klar strukturierter Innovationsprozess in fünf Phasen – von der Unternehmensvision bis zur konkreten Innovationsinitiative – Unternehmen dabei unterstützt, ihre Innovationskraft strategisch zu entfalten und so systematisch Wert zu schaffen. Dabei orientieren wir uns an den Prinzipien der ISO 56001/2, um aufzuzeigen, wie Innovationsmanagement erfolgreich und effizient in die Unternehmensstrategie integriert werden kann. Prinzipen der ISO 56001/2 lassen sich ganz kurz als systemisch, strukturiert, integrativ, ganzheitlich und prozessorientiert zusammenfassen. Ausführlicher beschrieben findet ihr dies im ersten Blog zum Innovations Management System IMS hier.
Die 5 Phasen der strategischen Ausrichtung
1. Unternehmensvision, Leitbild und Strategie
Eine inspirierende Vision und ein starkes Leitbild der Organisation sind das Fundament für jede Innovationsstrategie. Sie definieren, wohin das Unternehmen steuert und helfen dem Management dabei, strategische Entscheidungen in diesem Sinn zu treffen. Durch eine klare Definition und Kommunikation von inhaltlichen Schwerpunkten, die auch Themen explizit ausschließt, bekommen alle Mitarbeitenden klare Leitplanken für ihre Aktivitäten mitgegeben.
Das Unternehmensleitbild fokussiert auf den grundlegenden Zweck des Unternehmens, seine Werte und den Nutzen, den es für seine Stakeholder (Kunden, Mitarbeitende, Gesellschaft) stiften will. Die Unternehmensvision ist inspiriert von den langfristigen Zielen und stellt das Wunschbild dar, das das Unternehmen anstrebt. Die Unternehmensstrategie beschreibt den konkreten, aber langfristigen Plan, wie das Unternehmen seine Vision umsetzen und seine Ziele erreichen will. Es geht um die Festlegung der Geschäftsbereiche, in denen das Unternehmen tätig ist.
Beispiel 1: Ein globaler Automobilhersteller, der die Vision hat, „nachhaltige Mobilität für alle“ zu schaffen, wird seine Innovationsstrategie darauf ausrichten, umweltfreundliche Technologien und Elektrofahrzeuge zu entwickeln. Jedes Innovationsprojekt soll diese Vision unterstützen.
Beispiel 2: Ein Gesundheitsunternehmen, das die Lebensqualität durch „erschwingliche und digitale Lösungen“ verbessern möchte, wird sich in seiner Innovationsstrategie auf die Entwicklung digitaler und günstigerer Produkte konzentrieren.
2. Foresight: Der Blick in die Zukunft
Foresight-Methoden helfen Unternehmen, zukünftige Trends, Technologien und Marktveränderungen frühzeitig zu erkennen. So können sie sich proaktiv auf neue Entwicklungen einstellen und Risiken sowie Chancen besser einschätzen. Sie agieren damit vor dem Markt. Unternehmen erhalten zum Beispiel mit der PESTEL-Methode ein klares und systematisches Bild von externen Einflussfaktoren, die sie bei strategischen Entscheidungen berücksichtigen müssen. PESTEL steht hierbei für die folgenden Bereiche:
P = Political (politische Faktoren wie Stabilität des Landes, Steuerpolitik, Zölle, …)
E = Economic (ökonomische Faktoren wie Konjunkturzyklen, Inflation, Wechselkurse, …)
S = Social (soziale Faktoren wie demografischer Wandel, Konsumverhalten, Bildung, …)
T = Technological (technologische Faktoren wie Digitalisierung, KI, VR, Automatisierung, …)
E = Environmental (ökologische Faktoren wie Klima- & Umweltschutzauflagen, …)
L = Legal ( legale Faktoren wie Wettbewerbsrecht, Datenschutz, Produkthaftung, …)
Die Auswahl und der Mix der richtigen Foresightmethoden wird im Kontext der Unternehmensstrategie festgelegt und ergibt so ein möglichst umfassendes Bild über das Ökosystem, in dem sich das Unternehmen bewegt.
Beispiel 1: Der Automobilhersteller nutzt KI-gestützte Foresight-Methoden, um Trends in der Elektromobilität und regulatorische Veränderungen zu verfolgen. Das ermöglicht es ihm, frühzeitig in den “richtigen” Elementen seines Innovationsportfolios zu investieren.
Beispiel 2: Das Gesundheitsunternehmen beobachtet globale Trends im Bereich Telemedizin, um dies als Input für die Entwicklung neuer digitaler Gesundheitslösungen im eigenen Markt zu nutzen.
3. Innovationsstrategie: Die Richtung vorgeben
Die Innovationsstrategie legt mit der Definition der eigenen Vision und Mission fest, welche Innovationsfelder Priorität haben (auch im Hinblick auf das Budget und alle anderen Ressourcen) und wie sie im Einklang mit der Unternehmensstrategie vorangetrieben werden. Hier spielt die Innnovationskultur innerhalb der Organisation eine große Rolle, da der Einklang zwischen Unternehmensstrategie und priorisierten Innovationsfeldern maßgeblich davon abhängt, dass sich alle Beteiligten an die definierten Inhalte halten.
Dies setzt voraus, dass die Unternehmensstrategie klar kommuniziert ist und im Idealfall auch unter Einbindung der Mitarbeitenden entstanden ist. Dies erzeugt einen klaren Fokus und vermeidet, dass es zu “U-Boot-Projekten” außerhalb des strategischen Kernbereichs kommt, welche viel Kraft und Ressourcen binden. Die Strategie bildet die Brücke zwischen der Unternehmensvision und den konkreten Innovationsinitiativen.
Beispiel 1: Der Automobilhersteller konzentriert sich in seiner Innovationsstrategie auf kleine Elektrofahrzeuge, um das Ziel der erschwinglichen E-Mobilität in einem wachsenden Markt zu erreichen.
Beispiel 2: Das Gesundheitsunternehmen entwickelt eine Innovationsstrategie, die sich auf Telemedizin aus Sicht der Patient:innen, basierend auf Erkenntnissen über die steigenden Anforderungen der Patient:innen, konzentriert.
4. Innovationsportfolio: Ressourcen effektiv nutzen
Das Innovationsportfolio bündelt alle laufenden und geplanten Innovationsprojekte, so dass Ressourcen sinnvoll zugewiesen werden können. Es hilft, Projekte zu priorisieren und das Risiko zu streuen. Das Portfolio kann Innovationen von innen heraus, Kooperationen oder Zukäufe beinhalten. Es beschränkt sich ausdrücklich nicht auf Innovation, die ausschließlich im Unternehmen selbst entstehen. Wir stellen nicht die Frage nach “Make, Partner or Buy”, sondern kombinieren alles sinnvoll miteinander.
Das Innovationsportfolio kann nach Märkten (bestehend/neu oder geografisch), nach Branchen oder Geschäftsbereichen, nach strategischer Ausrichtung (Kerngeschäft, Erweiterung oder Erschließung von neuen Feldern) oder auch zeitlich (kurz-, mittel-, langfristig) gegliedert sein. Ebenso ist eine Kombination verschiedener Kriterien möglich, sofern dies für die Ausgestaltung der Innovationsstrategie basierend auf den Erkenntnissen des Foresighting sinnvoll ist.
Beispiel 1: Der Automobilhersteller beschließt, ein E-Auto selbst zu entwickeln, während er bei der Ladetechnologie auf Akquisitionen setzt, um schneller am Markt zu sein.
Beispiel 2: Das Gesundheitsunternehmen nutzt Portfolio-Management-Tools, um zu entscheiden, welche Projekte intern entwickelt, durch Partnerschaften umgesetzt oder durch Zukäufe realisiert werden sollen. So kann Hardware-Innovation intern entwickelt werden, während eine KI-basierte Software-Plattform in Kooperation mit Start-ups entsteht.
5. Innovationsinitiative: Von der Idee zur Umsetzung
In dieser letzten Phase geht es um die konkrete Umsetzung von Innovationsinitiativen. Durch klare Prozesse, wie sie von der ISO 56001/2 vorgegeben werden, kann die Organisation sicherstellen, dass Ideen systematisch in marktfähige Produkte, Dienstleistungen und andere wertschöpfende Elemente umgesetzt werden. Am Ende werden nicht alle Initiativen erfolgreich sein, aber ein Unternehmen, das kontinuierlich entlang definierter Metriken den Erfolg misst, hat letztendlich die besten Initiativen wertschöpfend umgesetzt.
Teil des Prozesses ist es, im Rahmen der definierten Strategie und entlang der Portfoliofestlegungen mit möglichst vielen Ideen niederschwellig zu starten und dann möglichst früh im Prozess die besten Ideen zu validieren und die nicht passenden Ideen zügig und konsequent zu beenden. Dies führt zu nachhaltigem und erfolgreichem Portfolio- und Funnelmanagement.
Beispiel 1: Der Automobilhersteller entwickelt einen vollelektrischen Kleinwagen basierend auf einer bestehenden Plattform und bringt ihn innerhalb von 18 Monaten auf den Markt, gestützt auf Erkenntnisse aus dem Foresight-Prozess und einer klaren Innovationsstrategie.
Beispiel 2: Das Gesundheitsunternehmen führt eine telemedizinische Plattform ein, deren Markt- und Kundenanforderungen aus dem Foresight-Prozess hervorgegangen sind, um so der wachsenden Nachfrage nach digitalen Gesundheitslösungen gerecht zu werden.
Effizienz durch Daten und KI steigern
Daten und Künstliche Intelligenz (KI) sind Schlüsselressourcen, um die Effizienz und Qualität in jedem dieser Schritte zu erhöhen. Durch die Integration datengetriebener Prozesse können Unternehmen in jeder Phase schnellere und bessere Entscheidungen treffen und Innovationen präziser umsetzen bzw. datenbasiert beenden.
Beispiel 1: Der Automobilhersteller setzt KI-gestützte Prognosemodelle ein, um den Erfolg neuer Produkte vorherzusagen und die Entscheidungen im Innovationsportfolio zu optimieren.
Beispiel 2: Das Gesundheitsunternehmen nutzt KI, um das Nutzerverhalten in Echtzeit zu analysieren und neue Trends zu erkennen. Diese Informationen fließen in das Innovationsportfolio ein, was zu einer schnelleren Berücksichtigung dieser Trends in den konkreten Innovationsinitiativen und damit in der Softwareentwicklung führt.
Fazit: Innovation als strategische Ausrichtung
Die strukturierte und ganzheitliche Einbettung der Innovationsfunktion in die Unternehmensorganisation ist ein für den Innovationserfolg entscheidender Schritt. Es ist eine Reise, die Unternehmen durch fünf klar definierte Phasen führt – von der Vision über strategische Ausrichtung bis hin zur praktischen Umsetzung. Diese strukturierte Herangehensweise ist nicht nur wichtig, um kreativ zu sein, sondern um sicherzustellen, dass Innovationen im Einklang mit den Unternehmenszielen stehen.
Mit der ISO 56001/2 als Leitfaden können Organisationen so ihre Innovationsaktivitäten gezielt steuern, kontinuierlich verbessern und dies eingebettet in einen organisatorischen Rahmen, der die Grundlage für effiziente und erfolgreiche Innovation liefert.
Die Integration von Daten und Künstlicher Intelligenz verstärkt diesen Effekt, indem sie schnellere und vor allem datengetriebene Entscheidungen ermöglicht und innovative Lösungen präziser in den Markt bringt. Unternehmen, die diese Prinzipien annehmen, sind besser gerüstet, um den Herausforderungen der Zukunft proaktiv zu begegnen und sich im Wettbewerb abzuheben. Die Investition in ein strukturiertes Innovationsmanagement ist somit nicht nur eine strategische Notwendigkeit, sondern auch eine Chance, die Zukunft aktiv zu gestalten und nachhaltigen Erfolg zu sichern. nicht nur mithalten – sie werden die Zukunft gestalten.