Ganzheitliches Innovationsmanagement: Die Synergie von Top-Down-Strategie und Bottom-Up-Crowd-Aktivierung

Im letzten Blog-Beitrag “Innovationsmanagement als strategische Ausrichtung: Wie Vision und Leitbild den Innovationsprozess steuern” konntet ihr schon über die 5 Phasen eines strukturierten Innovationsprozesses lesen: Ein Top-Down-Ansatz, der sich an den Prinzipien der ISO 56001/2 orientiert. In Teil 3 der Innovationsserie geht es um eine entscheidende weitere Komponente: die Integration eines crowd-basierten Social Learning Bottom-up-Ansatzes.

Innovationsmanagement Dennis Böcker
Ganzheitliches Innovationsmanagement: Die Synergie von Top-Down-Strategie und Bottom-Up-Crowd-Aktivierung

Durch die Kombination von Top-Down und Bottom-Up entsteht ein ganzheitlicher Innovationsprozess, der sowohl die strategische Ausrichtung des Unternehmens als auch das kreative Potenzial aller Mitarbeitenden optimal nutzt. 

Die Kraft der Crowd: Bottom-up-Innovation 

Während der Top-Down-Ansatz klare Richtlinien und Ziele vorgibt, ermöglicht der Bottom-up-Ansatz, das kollektive Wissen und die Kreativität der GESAMTEN Belegschaft zu nutzen! Dieser Ansatz basiert auf drei aufeinander aufbauenden Kernprinzipien.  

Kurz zusammengefasst:  

Alle Mitarbeitenden in einem bestimmten Thema weiterbilden → dann: motivierte und engagierte Mitarbeitende ihre Ideen weiterentwickeln lassen → dann: strukturierte Übernahme von Ideen ins Innovationsprogramm. 

  1. Grundlegende Befähigung aller Mitarbeitenden (ALL) 

Nehmen wir ein konkretes Beispiel: Eine gesetzliche Änderung zu Nachhaltigkeit muss bald von allen Unternehmen implementiert werden. Wir wollen dies in der Unternehmensstrategie verankern. Das bedeutet: Veränderung, Kosten, Reibung – oder es kann aktive Einbindung der Mitarbeitenden, Innovationen, Wettbewerbsvorteile und verbesserte Zukunftsfähigkeit bedeuten. Lasst uns letzteres annehmen! 

Je nach Umfang und Komplexität des Themas werden Lerninhalte für alle Mitarbeitenden bereitgestellt. Dies unterstützt den Strategieprozess, da nun alle Mitarbeitenden die Möglichkeit haben, sich zu den in der Strategie beschriebenen Themen zu informieren und einen grundlegenden Wissensstand zu bekommen. In diesen grundlegenden Informationen sind die in der Strategie enthaltenen Ziele der Organisation enthalten. Dies sorgt für ein breites Verständnis in der Organisation zu den strategischen Zielen. Bis hierhin ist das ein Vorgehen, das es in vielen Unternehmen bereits heute gibt. Mit den nächsten aktiven Schritten kann daraus ein Innovationsprogramm mit Zukunftsvision werden.  

  1. Aktivierung und Engagement der „Crowd“ (SOME) 

Alle Mitarbeitenden werden ermutigt und befähigt, Ideen zu entwickeln und diese auch einzubringen. Das Ziel ist es, eine Kultur der kontinuierlichen Innovation auf allen Ebenen zu erschaffen. Diejenigen, die persönlich motiviert und engagiert zum Thema etwas beitragen möchten, werden mit Gleichgesinnten zusammengebracht. Sie können sich mit anderen in ihrer Gruppe, aus anderen Abteilungen, anderen Unternehmensbereichen vernetzen und austauschen, um so ihre Ideen voranzubringen und weiter auszuarbeiten.  

Um in unserem Beispiel zu bleiben: 4 Mitarbeitende aus dem Einkauf, dem Accounting, People und Produktion haben eigene Ideen zu Nachhaltigkeit, die sie in die Organisation einbringen möchten. Sie finden sich im Rahmen eines Social Learning Programms zusammen. Über neue Kontakte werden Netzwerke über Team- und Abteilungsgrenzen hinweg erweitert, neue Erkenntnisse gewonnen und diese für andere bereitgestellt. Somit  werden Ideen und Produkte konkret mit der Hilfe anderer weiterentwickelt. Über einen moderierten Prozess finden Ideen über Organisationsgrenzen zusammen und werden gemeinsam weiterentwickelt. 

Auf diese Weise steigt das Engagement der Mitarbeitenden, da ein Bezug von teils abstrakten Themen zum eigenen Arbeitsumfeld hergestellt werden kann, sich die Menschen untereinander vernetzen und sie damit eine erhöhte Bindung zum Unternehmen spüren und letztendlich neue Ideen geboren werden, die zur Unternehmensstrategie passen.  

  1. Fokussierte Weiterentwicklung (FEW) 

Am Ende der zweiten Phase dieses Prozesses können einige Ideen direkt umgesetzt werden, einige werden nicht weiterverfolgt und wiederum andere Ideen werden in eine dritte Phase überführt, da zur Lösungsfindung noch weitere Schritte im Innovationsprozess notwendig sind. Die an diesen Ideen beteiligten Mitarbeitenden werden intensiver an die Elemente und Vorgehensweisen des strukturierten Innovationsprozesses herangeführt.  

Dies hat 2 große Vorteile: 

  1. Ideen werden strukturiert, entlang eines festgelegten Innovationsprozesses weiterentwickelt und validiert  
  2. Die Mitarbeitenden werden in wesentlichen Methoden und Ansätzen des Innovationsprozesses ausgebildet. Ein wichtiger Schritt für die Innovationskultur im Unternehmen.  

Bei der Weiterentwicklung dieser Ideen wird die Integration in das übergeordnete Innovationsmanagement und die dazugehörigen Prozesse immer wichtiger. Es muss entschieden werden, ob und wie viele Ressourcen an den Ideen arbeiten können, ob erste kleine Budgets (zum Beispiel für die Entwicklung eines Prototypen) bereitgestellt werden. Vor allem aber erfolgt hier kontinuierlich der Abgleich mit der im Top-Down-Prozess entwickelten Innovationsstrategie und dem daraus abgeleiteten Portfolio und damit final die Entscheidung, welche dieser Ideen aus Unternehmenssicht weitergeführt werden.  

Um in unserem Beispiel zu bleiben: Eine Idee aus der Social Learning-Gruppe unserer 4 Teilnehmenden von oben wurde in diesem Programm gemeinsam mit anderen Beteiligten aus dem Unternehmen und Ideen aus anderen Gruppen so weit weiterentwickelt, dass es in das Intrapreneurship-Programm aufgenommen wird. Hier werden nun Entscheidungen über Entwicklungsbudgets, Teams etc. getroffen. 

ganzheitliches integriertes Innovationsmanagement. Vom definierten Geschäftsfeld zur priorisierten Innovationsinitative
Ganzheitliches Innovationsmanagement: Die Synergie von Top-Down-Strategie und Bottom-Up-Crowd-Aktivierung

Bottom-Up oder Top-Down? Oder doch beides? 

Dieser Bottom-up-Prozess ergänzt den Top-Down-Prozess optimal: 

  1. Die Mitarbeitenden lernen wesentliche Grundlagen über die strategischen Themen des Unternehmens, verbessern dabei ihre Kompetenz und die Bindung an das Unternehmen wächst. → Erhöhung Fachkompetenz 
  2. Die Mitarbeitenden lernen das Arbeiten in informellen Netzwerken, was wiederum der Förderung einer offenen und kollaborativen Innovationskultur zuträglich ist. → Erhöhung Sozialkompetenz 
  3. Die Mitarbeitenden lernen im Rahmen des Prozesses wichtige Elemente und Methoden der Innovation kennen, die sie für ihre eigene Idee direkt anwenden können und auch später immer wieder nutzen können, um Ideen zu entwickeln, zu validieren und zu präsentieren. → Erhöhung Methodenkompetenz 
  4. Die Organisation erhöht das Engagement und damit die Mitarbeitendenbindung und wirkt damit den Erkenntnissen der Gallup-Studie zum Disengagement von Mitarbeitenden entgegen. → Erhöhung Mitarbeitendenbindung 
  5. Die Organisation nutzt strukturiert und gesteuert die Crowd-Intelligenz in der eigenen Organisation, um zusätzliche Lösungen für Elemente der Unternehmensstrategie zu entwickeln. → Verbesserung Zukunftsfähigkeit 

Die Rolle von KI und Daten 

KI und Daten spielen eine entscheidende Rolle bei der Effizienzsteigerung des Innovationsprozesses. Dazu findet ihr schon einige Ansätze im letzten Blog-Beitrag. Im Kontext des Bottom-up-Ansatzes gibt es zusätzliche sinnvolle Anwendungsmöglichkeiten: 

  • Ideenmanagement: KI-gestützte Plattformen können Ideen sammeln, kategorisieren und priorisieren, um die besten Vorschläge schnell zu identifizieren. 
  • Kollaborationstools: Datengetriebene Collaboration-Plattformen fördern den Austausch und die Weiterentwicklung von Ideen über Abteilungsgrenzen hinweg. 
  • Predictive Analytics: KI-Modelle können das Potenzial von Ideen basierend auf historischen Daten und Markttrends vorhersagen. 
  • Personalisiertes Lernen: KI-gesteuerte Lernplattformen können individualisierte Schulungsprogramme erstellen, um die Innovationsfähigkeiten der Mitarbeitenden gezielt zu fördern. 

Beispiele aus der Praxis 

Die Integration von Top-Down- und Bottom-up-Ansätzen kann anhand der Beispiele aus dem vorherigen Artikel illustriert werden: 

Beispiel 1: Der Automobilhersteller 

Neben der Top-Down-Strategie für erschwingliche E-Mobilität implementiert das Unternehmen eine KI-gestützte Ideenplattform. Mitarbeitende aus allen Bereichen können Vorschläge zur Verbesserung der Elektrofahrzeuge einreichen. Eine besonders innovative Idee zur Batterieeffizienz, die von einem Produktionsmitarbeiter stammt, wird durch das System erkannt und in die Entwicklung des neuen E-Kleinwagens integriert. 

Beispiel 2: Das Gesundheitsunternehmen 

Parallel zur Entwicklung der telemedizinischen Plattform startet das Unternehmen ein internes Social-Learning-Programm. Mitarbeitende aus verschiedenen Abteilungen tauschen sich dabei über digitale Gesundheitstrends aus. Eine Gruppe von Kundenservice-Mitarbeitenden identifiziert ein wiederkehrendes Problem bei der Nutzung von Telemedizin-Diensten. Diese Erkenntnis fließt direkt in die Produktentwicklung ein und führt zu einer signifikanten Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit. 

Fazit 

Die Kombination von Top-Down-Strategie und Bottom-up-Crowd-Aktivierung schafft einen ganzheitlichen Innovationsprozess, der das volle Potenzial eines Unternehmens ausschöpft. Durch die Integration in das Innovationsmanagementsystem der ISO 56001 wird sichergestellt, dass dieser Prozess strukturiert, messbar und kontinuierlich verbesserbar ist.  

Die Nutzung von KI und Daten verstärkt die Effektivität beider Ansätze, indem sie Entscheidungen auf allen Ebenen unterstützt, Ideen effizienter verarbeitet und personalisiertes Lernen ermöglicht. Unternehmen, die diesen ganzheitlichen Ansatz verfolgen, sind nicht nur innovativer, sondern auch agiler in ihrer Anpassung an sich verändernde Marktbedingungen. 

Indem wir die Weisheit der Crowd mit der strategischen Vision der Führung verbinden und dies durch die Kraft von KI und Daten unterstützen, schaffen wir ein Innovationsökosystem, das weit mehr ist als die Summe seiner Teile. Es ist ein System, das Unternehmen befähigt, die Herausforderungen von morgen nicht nur zu bewältigen, sondern aktiv zu gestalten und zukunftsfähig zu werden. 

Dennis Böcker zu Innovationsmanagement

Dennis Böcker 

Als ehemaliger Global Lead IoT Innovation war Dennis Boecker verantwortlich für das globale IoT Innovation Team im Zentralbereich der Bosch Gruppe. Diese Organisation treibt die Strukturierung des Innovation Management gemäß ISO56002 und begleitet und koordiniert unternehmensweit, Programme für IoT Innovation innerhalb von Bosch und mit Ökosystempartnern. Dennis ist verantwortlicher Founder für das globale Connectory Netzwerk, eine physische und virtuelle Co-Creation und Innovation Ökosystem Plattform. Heute ist er als selbständiger Innovationsmanagementberater tätig. Darüber ist Dennis als Experte in der deutschen Delegation der ISO TC 279 Innovationsmanagement aktiv und Mitglied der COPETRI Circle. 


 

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