Transformationen brauchen Dramaturgie

COCON-Speakerin Petra Lammers macht aus Transformationen spannende Stories. So wird Veränderung nicht nur erzählbar. Dieser Ansatz schärft auch die Strategie, denn beim Erzählen fällt auf, was an einer Geschichte noch nicht stimmt oder ob etwas fehlt. Die Beteiligten in Unternehmen sind wertvolle „Miterzähler:innen“. Denn sie gestalten die Transformationsgeschichte aktiv mit – und das wirkt sich nachhaltig positiv auf den gesamten Veränderungsprozess aus.

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„Strategisches Storytelling macht Transformation erzählbar“ 

Petra, du bezeichnest dich als TransformationsDramaturgin. Was ist das genau? 

Den Begriff haben wir selbst geformt. Wir nutzen strategisches Storytelling, um Transformationsstrategien zu hinterfragen und sprachfähig zu machen. Zu unserer Arbeit gehört auch, die Beteiligten zu aktivieren, das geschieht über co-creative Kampagnen und Community-Building. 

Du hast lange als Theaterregisseurin gearbeitet. Wie passt das zum Storytelling in der Transformation? 

Sehr gut! Denn die beiden Tätigkeiten sind gar nicht so unterschiedlich. Ob im Theater, auf Events oder beim Kunden. Es sind alles Bühnen, auf denen Menschen agieren. Und es geht ihnen immer darum, eine Wirkung zu erzielen. 

Auf der COCON24 hältst du deinen Vortrag gemeinsam mit Stefanie Gilio von der Dachser Group. Dort hast du ein Transformationsprojekt begleitet. Kannst du uns schon etwas zu diesem Projekt und der Zusammenarbeit mit Stefanie verraten? 

Ja, zunächst möchte ich die tolle Zusammenarbeit mit Stefanie betonen. Sie ist eine Person, die sehr gut vernetzt ist und ein herausragendes Gespür dafür hat, wichtige Themen zu erkennen. Dachser ist ja ein Unternehmen mit langer Tradition. Und Unternehmen wurden früher eher top-down geführt. Vor etwa drei Jahren hat ein neuer CEO und ein neues Board die Entwicklung angestoßen, dass das Unternehmen und die Teams agiler werden sollen. Bei diesem Prozess begleiten wir Stefanie Gilio. Wir coachen zum Beispiel rund 40 Redakteure, um die Storyline des Transformationsprozesses zu schreiben. Dafür haben wir eine Kommunikationsplattform eingeführt und zunächst für die Top-2500-Mitarbeitenden geöffnet. Dieses Tool öffnen wir perspektivisch allen Mitarbeitenden der Organisation. 

Welches Storytelling habt ihr in Zusammenhang mit der Transformation bei Dachser entwickelt? 

In den meisten Organisationen geht es in Transformationsprozessen darum, bisher eher getrennt agierende Bereiche zusammenzubringen, Verständnis füreinander zu gewinnen und zusammen auf ein gemeinsames Ziel hinzuarbeiten. Wir verbinden dabei die Ideenfindung aus der Fläche mit Strategie und kulturellen Aspekten. Dafür nutzen und variieren wir bei Dachser zum Beispiel die „Herr der Ringe“-Story. Denn auch hier geht es darum, miteinander zu sprechen und zusammenzufinden, denn nur so ist das große Ziel – in dieser Geschichte, den Ring ins Feuer zu werfen – zu erreichen. 

Worin liegen denn deiner Erfahrung typische Hürden? 

Transformation fällt uns Menschen grundsätzlich nicht leicht. Wir kennen es doch alle selbst: Heute will ich die Veränderung, morgen erscheint sie mir zu unbequem und zu schwierig. Oder wir wissen, was wir wollen, aber nicht, wie wir es erreichen. Deshalb ist Unterstützung in Veränderungsprozessen so wichtig. Um Mut zu machen und zu sagen: Es geht weiter! Transformation braucht immer einen längeren Zeitraum, in dem auch noch viele Fehler passieren. Deshalb ist eine gute Fehlerkultur sehr wichtig. Interessant finde ich, dass gerade die Mitarbeitenden ihren Führungskräften gegenüber hierbei nicht immer sehr wohlwollend sind. Sie halten mitunter an der Idee fest, eine Führungspersönlichkeit müsse fehlerfrei sein. Aber eine offene Fehlerkultur gilt für alle im Unternehmen. Insofern gehören für mich in diesen Prozessen auch Mut und Demut auf allen Seiten zusammen. 

Gibt es noch weitere Punkte, die für Überforderung sorgen? 

Ein wichtiger Punkt ist das Tempo. Carolin Ehmke hat die heutige Zeit so schön als #TempoTerror bezeichnet. Menschen empfinden es als überfordernd, wenn sich in kurzer Zeit vieles ändert. Denn wir können nicht zu viele Dinge gleichzeitig im Blick behalten. Für uns als Begleitende bedeutet das nicht unbedingt, das Tempo an sich zu verringern. Sondern wir klären immer wieder den Fokus: Was ist jetzt am wichtigsten? Was kommt zuerst dran, was nicht? Was ignorieren wir zum jetzigen Zeitpunkt bewusst und kümmern uns später darum? Das heißt, wir treiben einerseits den Prozess, und schauen andererseits, wann es zu viel wird. 

Petra, herzlichen Dank für das Gespräch! 

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Über Petra Lammers 

Petra ist TransformationsDramaturgin, Kommunikationsberaterin, Storytellerin, Speakerin und Autorin. Gemeinsam mit Norwin Kandera gründete sie 2010 onliveline, das Büro für Transformation & Storytelling, um Unternehmen bei der strategischen Transformation zu stärken. Zuvor war Petra als Creative Director und Konzeptionerin bei Panroyal. Als freie Theaterregisseurin verband sie über 12 Jahre die Kunst des Storytellings und der Dramaturgie. Petra hat einen MBA an der Murray State University und MFA in Dramaturgie & Regie von der State University of New York. Mit onliveline erhielt sie Auszeichnungen wie den ADC*Europe Gold oder den German Design Award Gold. 

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