Sascha Lobo: Zukunftsszenarien mit Mut-Faktor
Sascha Lobo: Zukunftsszenarien mit Mut-Faktor
SASCHA, DU ERÖFFNEST DIE COCON22 MIT DEINER KEYNOTE ZU ZUKUNFTSSZENARIEN. WORAUF GENAU WIRST DU EINGEHEN?
Die Convention folgt der Vision „Bridging Perspectives“ – dem Verbinden der Themen People, Transformation und Innovation. Diese drei Bereiche spielen für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft eine zentrale Rolle und bisher werden sie noch nicht wirklich zusammengedacht. Ich gehe darauf ein, warum sich das ändern muss und was das für jede:n von uns persönlich bedeutet. Da ich mich seit Jahren mit Zukunftsszenarien in Zusammenhang mit der digitalen Transformation beschäftige, passen die Ausrichtung der Convention und mein eigenes Anliegen hervorragend zusammen. Ganz wichtig ist mir, mit meiner Keynote für Mut zu werben und Mut zu machen, um die Herausforderungen positiv anzugehen. Gerade wir Deutschen haben hier noch Nachholbedarf.
HABEN DIE HISTORISCHEN EREIGNISSE DER LETZTEN ZEIT WIE DIE PANDEMIE UND DER KRIEG IN DER URKRAINE DEINEN BLICK AUF DIE ZUKUNFT VERÄNDERT?
Auf jeden Fall! Wer dazu Nein sagt, spürt meiner Ansicht nach noch nicht, was warum passiert. Wir leben in einem Zeitalter, das der Begriff VUCA gut beschreibt, auch wenn er aus dem militärischen Bereich stammt. Er bezeichnet Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Mehrdeutigkeit, also die Unwägbarkeiten, mit denen wir umgehen müssen. Die Pandemie und auch der Krieg zeigen, dass wir uns ab und zu zurückziehen sollten, um in Ruhe zu überlegen: Wie können wir damit umgehen? Wie wollen wir arbeiten? Wie verbessern wir unsere Kommunikation? Wie werden wir flexibler und welche strategische Richtung schlagen wir ein?
DIGITALE LÖSUNGEN GELTEN OFT ALS DIE ANTWORT AUF SOLCHE FRAGEN. WELCHE DIESER ENTWICKLUNGEN SIEHST DU IM MOMENT DENNOCH KRITISCH?
Es gibt kaum eine digitale Entwicklung, die nicht auch negative Aspekte hat. Ich bin der Meinung, dass wir diese Aspekte auch benennen sollten. Gerade, wenn wir Menschen mitnehmen wollen, macht es Sinn, erst die schwierigen Seiten zu betrachten. Dennoch sehe ich insgesamt viel mehr positive Aspekte. Nehmen wir zum Beispiel die sozialen Medien. Hier gibt es seit Jahren sehr viel Hass und Hetze.
Andererseits hätten aber Bewegungen wie „Fridays for Future“ oder „Black Lives Matter“ ohne die sozialen Medien nicht so schnell an Kraft gewonnen. Deshalb finde ich es ehrlich zu sagen: Wir haben tolle Chancen, aber um sie zu nutzen, müssen wir hart arbeiten. Die negativen Entwicklungen kommen von allein, aber auch mit ihnen können wir umgehen, wenn wir sie verstehen.
Vuca Welt?
DIE SCHNELLEN UND GRUNDLEGENDEN VERÄNDERUNGEN IN DER VUCA-WELT SIND DENNOCH FÜR VIELE MENSCHEN EINE GROSSE HERAUSFORDERUNG. WIE GEHST DU SELBST DAMIT UM?
Ich habe Glück mit meiner Situation, die sich sicher nicht ohne Weiteres übertragen lässt. Zum einen bin ich selbständig und kann mir einteilen, wann, wo und wie viel ich arbeite. Zum anderen bin ich finanziell so weit unabhängig, dass sich zum Beispiel meine Verdiensteinbußen während der Pandemie nicht so dramatisch ausgewirkt haben. Aber eines der hilfreichsten Instrumente in der VUCA-Welt ist für mich eine grundsätzliche Offenheit. Sie verhindert, dass wir Neuerungen vorschnell ablehnen. Und Mut brauchen wir, weil wir immer häufiger Entscheidungen treffen müssen, bevor wir die Situation ganz verstanden haben und die Folgen unserer Entscheidung absehen können.
Es ist allerdings auch wichtig, sich mal rauszunehmen, wenn es zu viel wird. Wie ich mit aktuellen Entwicklungen zurechtkomme, hängt ja auch davon ab, in welcher Phase ich gerade bin. Deshalb ist jede:r von uns selbst dafür verantwortlich, auf Distanz zu gehen, wenn es nötig ist. Ich wünsche mir schon lange, dass bereits Kinder diese Fähigkeit in einem entsprechenden Schulfach „digitale Erziehung“ lernen würden. Darin sollte es um den Umgang mit dem Internet gehen, und eben auch darum, dass wir nicht alles mitmachen müssen.
Sascha, vielen Dank für das Gespräch!