Wo geht’s denn hier nach New Work City?
Er wurde mit dem New Work Award ausgezeichnet. Raum und Zeit für eine neue Form der Zusammenarbeit zu gestalten, treibt ihn an. Dieses Ziel verfolgt Hendric Mostert gleich in mehreren Rollen: als Transformationsarchitekt bei der Deutschen Bahn sowie als freiberuflicher Coach für New Work. Auf der COPETRI CONVENTION 2022 teilt er seine langjährige Erfahrung, wie Unternehmen Raum und Zeit für Veränderung schaffen.
HENDRIC, DU BIST MIT DEM NEW WORK AWARD AUSGEZEICHNET WORDEN. HINTER „NEW WORK“ VERSTECKT SICH HEUTE SO VIELES. WAS BEDEUTET DER BEGRIFF FÜR DICH?
Vielleicht fange ich erstmal damit an, was er für mich nicht ist: Oft bezieht sich New Work nur auf die operative Ebene. Hier verteilen wir Aufgaben, arbeiten To-Dos und Projekte ab. Doch wir sind Menschen, die zueinander in Beziehung treten. Dieser Aspekt ist auf dem Weg zu New Work sehr wichtig. Insgesamt gibt es vier Entwicklungsfelder, die Organisationen beachten müssen: die operativen Routinen, die Steuerungsebene, die Beziehungsebene und die individuelle Ebene.
WIE GELINGT ES, ALLE VIER FELDER ZU BEARBEITEN?
Indem wir Zeit und Raum schaffen, um an den gewünschten Veränderungen arbeiten zu können. Das geht eben nicht einfach mal zusätzlich und nebenbei. Auf der COPETRI CONVENTION zeige ich, wie wir bei Station&Service der Deutschen Bahn die Transformation im CIO/CDO-Bereich gestaltet haben. Wir hatten gerade begonnen, als der Lockdown kam und wir alle ins Homeoffice zogen. Wir mussten also einen virtuellen Raum schaffen, um weiterzukommen. Dafür haben wir uns jede Woche für zweieinhalb Stunden online getroffen und an den vier Feldern gearbeitet. Das hat sehr gut geklappt.
Auch wir sind von der operativen Ebene aus gestartet und haben geschaut, wo wir die „normale“ Arbeit verbessern können. Doch dann sind wir weiter gegangen und haben die Steuerungs- und Beziehungsebenen betrachtet. Deshalb haben wir auch nicht gleich das Organigramm umstrukturiert, wie es viele Firmen tun, sondern erst auf den Reifegrad unserer Organisation und die Art der Zusammenarbeit geschaut. Erst später entscheidet sich, welches Organigramm passt.
WELCHE KONKRETEN ZIELE HABT IHR EUCH FÜR EUREN TRANSFORMATIONSPROZESS GESETZT?
Es ging uns darum, die Art der Zusammenarbeit und das Verhalten der Mitarbeiter:innen zu verändern. Unsere Ziele waren zum Beispiel mehr Selbstbestimmung, Selbstorganisation und Beteiligung. Dafür braucht es letztlich auch ein anderes Mindset. Wichtig ist mir, die Kolleg;innen zum lösungsorientierten Denken hinzuentwickeln. Dass sie selbst Vorschläge erarbeiten, wenn sie etwas brauchen, vermissen oder verbessern wollen. Dazu gehört aber auch eine entsprechende Kulturentwicklung und genügend Zeit, um dorthin zu kommen.
KULTUR HAT VIEL MIT INDIVIDUELLEN ÜBERZEUGUNGEN UND WERTEN ZU TUN. INWIEWEIT LÄSST SIE SICH ÜBERHAUPT VERÄNDERN?
Ich denke, es ist möglich, die Kultur der Zusammenarbeit zu verändern. Werte und Überzeugungen sind natürlich tiefer in der Persönlichkeit verankert und deshalb nicht so sehr veränderbar. Damit Transformation gelingt, ist es entscheidend, psychologische Sicherheit im Unternehmen zu schaffen. Das heißt, niemand sollte Konsequenzen befürchten müssen, wenn er oder sie Entwicklungen hinterfragt, Kritik anmeldet oder mehr Zeit braucht. Vielleicht kann man nicht immer alle mitnehmen, aber wir haben bisher niemanden ganz verloren. Kommt es doch vor, sollte auch das auf wertschätzende Weise geschehen. So kann man der Person zum Beispiel helfen, eine neue passende Rolle innerhalb oder außerhalb der Organisation zu finden.
WAS WAR IN DIESEM PROZESS DEINE EIGENE „LESSON LEARNED“ UND WIE WENDEST DU DAS GELERNTE JETZT AN?
Gerade mache ich die Erfahrung, dass hybride Meetings eine echte Herausforderung sind. Zunächst muss man eine Viertelstunde einplanen, bis die Technik funktioniert. Und dann ist die Frage, wie die hinzugeschalteten Teammitglieder mit den vor Ort Anwesenden auf Augenhöhe arbeiten können. Da sind wir auch noch am Ausprobieren. Ich tendiere gerade dazu, entweder alle am Rechner arbeiten zu lassen oder alle in Präsenz, zumindest bei strategisch wichtigen Meetings. Und ich denke, dass wir für die Beziehungsebene informelle Begegnungen in Präsenz brauchen. Da wäre es wichtig, in den kommenden Monaten passende Formate zu finden. Bis zur Weihnachtsfeier sollten wir nicht warten, sondern lieber ein Frühlingsfest feiern.
Hendric, vielen Dank für das Gespräch!
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