Vom Beruf zu Skills und Kompetenzen

Ein Beruf für‘s ganze Leben – das gibt es heute nicht mehr. Die Arbeitswelt verändert sich rasend schnell und erfordert von uns ständige Anpassung. Umso wichtiger wird es, die individuellen Kompetenzen zu kennen und weiterzuentwickeln. Doch wie gehen wir dabei vor? Claas Triebel hat genau dafür das SKATE-Modell entworfen. Im Interview erklärt er, wie es funktioniert.

CLAAS, DEINE THESE IST, DASS BERUFE IMMER WENIGER WICHTIG UND KOMPETENZEN IMMER BEDEUTSAMER WERDEN. WIE KOMMST DU ZU DIESER EINSCHÄTZUNG?

In der Regel steigen wir nach einer Berufsausbildung oder einem Studium ins Berufsleben ein. Früher war ein guter Abschluss ein wichtiges Auswahlkriterium, um einen Job zu bekommen. Heute dient er eher für eine Grobsortierung. Wichtiger sind Fragen wie: Was hat jemand bereits sonst gemacht? Welche Erfahrungen und persönliche Stärken bringt er oder sie mit? Denn die Prognosefähigkeit von Abschlüssen wird immer geringer, wenn sich die Arbeitswelt so schnell ändert. Die Digitalisierung ist fast überall angekommen. Es gibt kaum mehr einen Beruf ohne Interaktion mit digitalen Produkten. Die rasante Entwicklung in diesem Bereich sorgt dafür, dass Berufsausbildungen und Abschlüsse eher Eintrittskarten ins Berufsleben sind. Das heißt nicht, dass sie nicht mehr erstrebenswert sind. Aber wir brauchen danach fortlaufend neue Kompetenzen oder müssen bestehende weiter ausbauen.

 

WIE KANN ICH EINSCHÄTZEN, WIE GUT MEINE KOMPETENZ IN EINEM BESTIMMTEN BEREICH IST?

SKATE-Modell für Kompetenzen

Häufig verwechseln wir Kompetenz mit Performance. Doch das greift zu kurz. Ich habe deshalb das SKATE-Modell entwickelt. Damit betrachte ich eine Kompetenz im Hinblick auf die Aspekte Skill, Knowledge, Ambition, Talent und Experience. Wenn ich mich besser einschätzen möchte, kann ich anhand von Fragen klären, wo ich stehe:

  • Skills: Wie gut sind meine praktischen Fähigkeiten ausgeprägt?
  • Knowledge: Wie gut ist mein Fachwissen auf diesem Gebiet?
  • Ambition: Wie gerne mache ich das?
  • Talent: Wie talentiert schätze ich mich ein?
  • Experience: Wie viel Erfahrung habe ich damit?

Das Modell lässt sich nicht nur auf Fachkompetenzen anwenden, sondern auch auf sogenannte Soft Skills.

 

WIE WICHTIG IST ES, OB WIR TALENT FÜR ETWAS HABEN?

Wir können vieles lernen, wenn wir wollen. Nehmen wir das Beispiel Zuhören, ein wichtiges Soft Skill. Menschen sind sicher unterschiedlich talentiert, gute Zuhörer:innen zu sein. Doch es gibt Techniken wie das aktive Zuhören, bei dem ich gezielt nachfrage, paraphrasiere, zusammenfasse. Wenn ich das übe und Erfahrung sammle, verbessere ich mich immer weiter.

WIE ENTSCHEIDE ICH, WELCHE KOMPETENZ ICH ENTWICKELN ODER STÄRKEN SOLLTE?

Das beginnt mit der Reflexion darüber, was ich selbst gerne machen möchte, wo es mich hinzieht. Ich plädiere sehr für ein Mindset, sich Zeit zu nehmen. Es gibt viele Tests, um eigene Stärken und Neigungen herauszufinden. Aber sie führen nicht ins Innehalten, das ich sehr wichtig finde. Ich rate dazu, erst einmal auf die eigene Biografie zu schauen: Wie bin ich so geworden, wie ich bin? Welche prägenden Momente gab es – im positiven wie negativen Sinne? In welchen Momenten ging es mir gut, wann nicht und warum? So entdecke ich, was mir guttut. Dann hilft auch der Abgleich, was ich brauche, um meine Arbeit gut voranzubringen und was mein Arbeitsumfeld erwartet. Es ist aber wichtig, sich auch hier als private Person mitzudenken. Denn wenn meine berufliche Entwicklung nicht zu meinem Privatleben passt, funktioniert es nicht.

Wenn ich mich entschieden habe, hilft das SKATE-Modell auch dabei zu entscheiden, wie ich weiter vorgehe: Fehlt mir eher Fachwissen oder brauche ich mehr Erfahrung? Ich erlebe es recht oft, dass Menschen mehrere Ausbildungen aneinanderreihen. Doch um kompetent zu werden, müssen sie ja auch Erfahrungen machen. SKATE hilft also nicht nur dabei, Kompetenzen abzubilden, sondern auch, sie zu entwickeln.

GIBT ES DENN EINE KOMPETENZ, DIE KÜNFTIG FÜR UNS ALLE BESONDERS WICHTIG IST?

Global sehen wir, dass Vernetzung in allen Bereichen eine immer größere Rolle spielt. Wir sind in vielem abhängiger von anderen als früher. Ich denke daher, dass wir zum Beispiel als einsamer Tüftler in abgeschlossener Garage künftig nicht mehr so erfolgreich sein werden. Es wird natürlich immer introvertierte Menschen geben. Aber ich bin überzeugt: Die Kompetenz, mit anderen zu interagieren und zu kommunizieren, werden wir künftig alle brauchen.

Claas, vielen Dank für das Gespräch!

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