Open Innovation: Gemeinsam Neues entwicklen
Innovationsprozesse finden noch viel zu oft hinter verschlossenen Türen in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen statt. Unternehmen versuchen, dadurch ihre Ideen, Wettbewerbsvorteile und Wissen zu schützen. Im Gegensatz hierzu steht die Methode der Open Innovation, bei der der Innovationsprozess bewusst geöffnet wird. Das Ziel: die Außenwelt zu integrieren, um das Innovationspotenzial zu vergrößern.
Unternehmen sind aktuell einem deutlich höheren Innovationsdruck ausgesetzt. Gründe sind ein steigender globaler Wettbewerb und kürzere Produktlebenszyklen. Unternehmer und Innovationsabteilungen müssen dem gerecht werden und sehen sich mit der Frage konfrontiert, wie sie den Innovationsprozess optimieren und beschleunigen können. In vielen Branchen sind zudem die Ressourcen der einzelnen Unternehmen nicht ausreichend, um die notwendigen Investitionen in Innovation decken zu können. Eine große Chance liegt darin, Innovation im Verbund mit anderen Markteilnehmern zu entwickeln. Zentrale Vorteile der Open Innovation sind:
- Partizipation an externem Wissen und externer Kreativität. Dadurch ist der durch den Markt wahrgenommene Neuigkeitsgrad einer Innovation oft höher.
- Schnellere Innovationsprozesse durch Teamwork und Verkürzung der Time-to-Market – der Zeit von den ersten Schritten bis zur Markteinführung eines Produkts.
- Kostenersparnisse: Die Kosten von Beginn der Planung bis zur Markteinführung sind in der Regel auf einem geringeren Niveau als bei Closed Innovation – Kürzungen von Forschungs- und Entwicklungsbudgets fördern daher den Trend zu Open Innovation.
- Risikoreduzierung: Die Kooperationspartner teilen sich das Risiko. Zudem können Fehlentwicklungen durch verbrauchernahe Optimierung und Produktentwicklung vermieden werden.
Bei Open Innovation werden externe Kooperationspartner wie andere Unternehmen, Kunden, Universitäten, Forschungsinstitute, Lieferanten oder Start-ups strategisch in den Prozess zur Entwicklung von neuen Ideen, Produkten und Dienstleistungen eingebunden. Wenn Unternehmen und weitere Partner ihre Fähigkeiten bündeln, entstehen Lösungen, auf die jeder alleine nicht gekommen wäre. Bekannt geworden ist der Begriff Open Innovation im Jahr 2003 durch Henry Chesbrough, der an der University of California in Berkeley lehrt.
Krise erhöht Bereitschaft für Open Innovation
In der Corona-Krise haben viele Unternehmen eine nie dagewesene Kooperationsbereitschaft entwickelt. Das zeigt, dass sich das Management der Chancen offener Innovation bewusst ist. Dabei geht es zum einen um mehr Wertschöpfung, neue Dienstleistungen oder neue Produkte. Gleichzeitig geht es aber auch um eine langfristige Kooperation, denn Open Innovation kann die Basis für eine nachhaltige Zusammenarbeit liefern. Open Innovation lässt Vertrauen entstehen, da die Partner hier füreinander in Vorleistung treten. Viele Unternehmen befürchten, geistiges Eigentum und Wettbewerbsvorteile durch die Preisgabe von Ideen zu verlieren.
Zudem sind die Folgen, die solche Projekte nach sich ziehen, nicht immer vorhersehbar. Der Erfolg der Open Innovation ist von der richtigen Balance zwischen internen und externen Faktoren abhängig. Wie genau lassen sich Kooperationen gestalten, Kunden integrieren, Mitarbeiter motivieren, eigene Technologien und Kompetenzen in neue Märkte übertragen? Wer Open Innovation erfolgreich nutzen will, muss Methoden, Struktur, Prozesse, Mitarbeiterprofile, klare Zielen und Freiräume organisieren und austarieren, um mögliche Barrieren zu umgehen.
Open Innovation lässt sich in vier Bereiche einteilen:
- Inside-Out Open Innovation: Externe Partner erhalten internes Wissen und Erfindungen. Vorteil ist, dass Firmen mit ähnlichen Zielen voneinander profitieren und somit Ressourcen einsparen können. Beispiele: Lizensierungen, Spin-Offs, Incubators.
- Outside-In Open Innovation: Ideen und Erfindungen fließen von extern mithilfe von Kunden, Partnern, Lieferanten in das Unternehmen und den Innovationsprozess ein, zum Beispiel Ideenwettbewerbe oder -plattformen .
- Coupled Open Innovation: Gezielt Kombination von Wissenszu- und -abflüssen unter Partnern, um gemeinsam eine Innovation zu entwickeln, auch Co-Creation genannt. Beispiele: Validierung und Testen von Prototypen, gemeinsame Erstellung von Mock-ups.
- Inside-In Open Innovation: Innerhalb des Unternehmens wird der Austausch von Wissen und die Generierung neuer Ideen gefördert, zum Beispiel durch interne Ideenwettbewerbe oder Hackathons.
Best Practice Guidelines für Open Innovation:
Um Open Innovation erfolgreich umzusetzen, sind eine klare Strategie und eine offene Unternehmenskultur wichtige Voraussetzungen. Die Strategie definiert die Ziele und die Ausrichtung der Open-Innovation-Aktivitäten und gibt Antworten auf folgende Fragen:
- Was will das Team mit Open Innovation erreichen?
- Zu welchen Zielen des Unternehmens trägt Open Innovation bei?
- Welcher Open-Innovation-Ansatz ist sinnvoll, etwa Inside-Out oder Outside-In?
- Wer sind geeignete Partner?
Innovationkultur als notwendige Basis
Damit Open Innovation gelingt, braucht es unbedingt auch eine passende Innovationskultur. Mitarbeiter:innen und Führungskräfte müssen für Neues von außen offen sein. Das “Not-invented-here-Syndrom“, bei dem Ideen, Vorgehensweisen oder Produkte anderer ausschließlich aus dem Grund abgelehnt werden, weil sie nicht von der eigenen Organisation stammen, darf keinen Platz haben. Ganz im Gegenteil: Open Innovation ist eine innere Einstellung, die dazu führt, ständig Augen und Ohren offen zu halten, um Potenzial für neue Innovationen außerhalb des Unternehmens zu entdecken – sei es auf Konferenzen, im Gespräch mit Bekannten und Familie oder beim Surfen im Internet.
Open Innovation von NASA bis Swarowski
Open Innovation hat in den vergangenen Jahren in der Praxis an Bedeutung gewonnen. Unternehmen wie Procter&Gamble, Siemens, Swarovski, Bayer oder Hilti sind einige Beispiele, die erfolgreich Innovationen in Zusammenarbeit mit externen Akteuren entwickeln. In der pharmazeutischen Industrie haben unter anderem GSK, Johnson & Johnson und Pfizer mehrere Allianzen mit Biotech-Firmen initiiert, um ihre Arzneimittel-Pipeline voranzutreiben.
Eine weitere Organisation, die erfolgreich mit Open Innovation arbeitet, ist die NASA, und das, obwohl sie die weltweit besten Forscher und Wissenschaftler im Team hat. So setzte die NASA etwa bei der Suche nach einem verlässlichen Weg, Sonneneruptionen vorherzusagen, auf eine Crowdsourcing-Challenge. Es beteiligten sich mehr als 3000 Menschen aus 80 Ländern. Die beste Lösung kam von einem pensionierten Hochfrequenztechniker aus New Hampshire. Er wählte einen Ansatz, der völlig außerhalb der in der NASA vorherrschenden Denkmuster lag. Das zeigt, wie Open Innovation bestehende Muster zugunsten innovativer Lösungen durchbricht.
Communities gestalten Innovationen
Der Spielzeug-Hersteller Lego setzte in einem Ideenwettbewerb auf die Kreativität und Innovationskraft seiner Kundinnen und Kunden. So wurde die Produktserie Mindstorm, bei der sich mit einfachsten Mitteln Roboter bauen lassen, erst durch die mehr oder weniger zufällig entstandene Fan-Community derart populär. Lego nahm die Community von Anfang an ernst und reagierte auf ihre Ideen.
Der Schmuckhersteller Swarovski stellte einen Online-Wettbewerb für innovative Uhren- und Schmuckdesigns ins Netz. In kurzer Zeit bildete sich um die Aufgabenstellung herum eine Designer-Community mit 1600 Menschen, die mehr als 2000 Vorschläge einreichten. Die von den Kunden am besten bewerteten Uhren-Entwürfe wurden umgesetzt.
Und noch ein weiteres beeindruckendes Beispiel: In Bielefeld läuft mit „Open Innovation City“ ein Programm, das erstmals die ganze Stadtgesellschaft vernetzen will. Innovationen entstehen nicht eben nicht nur in Unternehmen, sondern es gibt überall gute Ideen. Open Innovation bietet damit eine Vielzahl an Möglichkeiten für fast jede Art von Unternehmen und Innovationsvorhaben.