Metaverse: Zukunftserzählung mit ungewissem Ausgang

Als Tech-Journalist ist Thomas Riedel von technologischen Chancen fasziniert. Das heißt aber nicht, dass er alle digitalen Entwicklungen positiv sieht. Im aktuellen COPETRI-Interview teilt er seine Sicht auf das Metaverse – und mahnt an, was passieren muss, damit es gut wird.

THOMAS, EINES DEINER SPEZIALTHEMEN IST DAS METAVERSE. UM DIESE VIRTUELLE PARALLELWELT, DIE ALLE MÖGLICHEN REALEN AKTIVITÄTEN ABBILDEN SOLL, RANKEN SICH SEHR VERSCHIEDENE IDEEN. WAS BEDEUTET METAVERSE FÜR DICH?
Metaverse Universum

Der Begriff Metaverse ist 1992 im Science-Fiction-Roman ‚Snow Crash‘ erstmals aufgetaucht, in dem ein dystopisches Szenario herrscht. Dort flüchten sich die Menschen aus der schrecklichen Realität in das virtuelle Metaverse. Für mich ist das Metaverse aktuell in erster Linie eine Zukunftserzählung. Das heißt, es gibt Player, die ihre Narrative in dem Sinn platzieren: ‚Wenn wir dies und jenes tun, dann wird es ganz toll‘. Und da so viel davon gesprochen wird, halten es viele Menschen für wichtig mitzureden. Sie googlen nach dem Begriff, was wiederum SEO-Redakteure bewegt, aktiv zu werden. Dadurch gibt es aktuell zwar viel Geräusch rund um das Metaverse, aber wenig Substanz. Wir wissen im Moment auch noch nicht, in welche Richtung es sich entwickeln wird. 

Und da so viel davon gesprochen wird, halten es viele Menschen für wichtig mitzureden. Sie googlen nach dem Begriff, was wiederum SEO-Redakteure bewegt, aktiv zu werden. Dadurch gibt es aktuell zwar viel Geräusch rund um das Metaverse, aber wenig Substanz. Wir wissen im Moment auch noch nicht, in welche Richtung es sich entwickeln wird. 

DU BESCHÄFTIGST DICH ALS JOURNALIST MIT DEM METAVERSE UND SPRICHST AUCH AUF EVENTS DAZU. WORIN SIEHST DU DEINE ROLLE IN BEZUG AUF DAS THEMA?

Meine Aufgabe als Journalist sehe ich darin, die aktuellen Informationen und Diskussionen zum Metaverse zusammenzutragen, darzustellen und einzuordnen. Ich zeige aber auch Wege auf, die wir gehen müssten, damit die Menschen vom Metaverse wirklich profitieren. 

WELCHE WEGE WÄREN DAS?

Heute sind Tech-Konzerne absolut dominant. Ich bin der Meinung, dass wir das ändern müssen. Wenn wir nicht viel stärker regulieren, sehe ich tatsächlich mehr Risiken als Chancen. Vor zehn Jahren hätte ich das noch nicht gesagt. Da war ich noch Befürworter einer völlig freien Entwicklung. Doch wir sehen, wohin digitale Entwicklungen führen können, zum Beispiel das Krypto-Trading, das ich absolut kritisch sehe. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht nur die Sklaven einzelner großer Tech-Konzerne sind. 

Für Deutschland sehe ich die Notwendigkeit, sich für technologische Neuerungen zu öffnen. Vor allem der Bildungsbereich, von der Schule bis zur Aus- und Weiterbildung, könnte davon stark profitieren. So wäre etwa eine Weiterbildung, bei der sich die Teilnehmer:innen in einem virtuellen Lernraum treffen, viel lebendiger als bisherige Online-Formate. VR (virtuelle Realität – die Red.) bietet auch Sicherheitsvorteile. Wenn zum Beispiel jemand lernt, einen Hochspannungskasten zu bestücken, können dabei problemlos Fehler passieren, die in der Realität tödlich wären. Das gilt auch für andere Bereiche wie die Medizin. Auch hier sollten Ärzte in Ausbildung ihre ersten Fehler lieber in VR und nicht am lebenden Menschen machen. Damit das Metaverse eine positive Realität wird, brauchen wir also einerseits Regulierungen, aber andererseits Offenheit auf vielen Ebenen. 

DU HAST DAS THEMA METAVERSE AUCH ALS SPEAKER AUF DIE COCON22 MITBEGRACHT. WIE WAREN DIE REAKTIONEN DEINER ZUHÖRER:INNEN? 

Das Interesse war groß und ich habe sehr positives Feedback bekommen. Auch nach meinem Vortrag haben mich Zuhörer:innen angesprochen. Sie waren überrascht, wie kritisch ich vieles einschätze. Das ist in den Medien sonst oft anders. Allerdings sind viele, die über Metaverse schreiben oder sprechen, nicht ausreichend kompetent. Vieles wird einfach wiederholt und zu wenig hinterfragt. 

Thomas, vielen Dank für das Gespräch!