Mentale Gesundheit gewinnt an Bedeutung

Der Megatrend Gesundheit hat sich in den letzten Jahren tief in unserem Bewusstsein verankert. Er prägt sämtliche Lebensbereiche, auch die Arbeitswelt über Branchen und Unternehmen hinweg. Dabei steht die mentale Gesundheit der Mitarbeiter:innen immer mehr im Fokus.

Die heutige Arbeitswelt ist digitaler, agiler und flexibler geworden. Doch die Verdichtung der Arbeit, die ständige Erreichbarkeit und Informationsflut sowie flexiblere und agilere Arbeitsmodelle haben nicht nur positive Auswirkungen auf die Mitarbeiter:innen. Das gestiegene Arbeitstempo und die zunehmende Komplexität führt dazu, dass sich Mitarbeiter:innen häufig gestresst, überfordert und erschöpft fühlen.

Von 2010 bis 2020 nahm die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen um 56 Prozent zu. Im gleichen Zeitraum lässt sich laut DAK Psychoreport 2021 beim Krankenstand insgesamt kein vergleichbarer Aufwärtstrend beobachten. Außerdem führen diese Erkrankungen nach wie vor zu auffallend langen Ausfallzeiten. Mit 30,3 Tagen je Fall dauerten sie 2020 mehr als doppelt so lange wie der Durchschnitt mit 13,8 Tagen. Das zeigt der Fehlzeiten-Report 2021 für AOK-Mitglieder.

    Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert mentale Gesundheit als „ein Zustand des Wohlbefindens, in dem ein Mensch seine Fähigkeiten ausschöpfen, die normalen Lebensbelastungen bewältigen sowie produktiv arbeiten kann und im Stande ist, etwas zu seiner Gemeinschaft beizutragen.“

    Chancen des betrieblichen Gesundheitsmanagements

    Ein Weg, die gesundheitlichen Einflussfaktoren auf die Menschen im Unternehmen umfassend zu berücksichtigen, ist ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM). Das übergeordnete Ziel lautet dabei, die Gesundheit, die Leistungsfähigkeit und den Erfolg für alle Beschäftigten – und damit auch für das Unternehmen – zu erhalten und zu fördern. Unternehmen, die in die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter investieren, werden zum einen ihrer sozialen Verantwortung gerecht. Es ist aber gleichermaßen ein unternehmerisches Gebot für den wirtschaftlichen Erfolg. Das betriebliche Gesundheitsmanagement kann unter anderem folgende Vorteile mit sich bringen:

    • gesunde und leistungsfähige Beschäftigte
    • weniger Krankheits- und Produktionsausfälle
    • besseres Betriebsklima, mehr Teilhabe und mehr Motivation
    • Produktivitäts- und Qualitätssteigerung
    • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bleiben treu und loyal
    • Employer Branding: höhere Attraktivität als Arbeitgeber
    • mehr Lebensqualität für die Beschäftigten auch in der Freizeit
    • Kontinuierliche Lernbereitschaft
    • Flexibilität, Offenheit und Neugierde
    • Eigenverantwortliches Lernen durch Literatur, Podcasts, Tutorials uvm.
    • Soziale Kompetenzen wie Empathie und Kommunikationsfähigkeit
    • Zusatzqualifikationen, etwa im digitalen Bereich oder fachspezifisch

    Wie lässt sich die Belastung am Arbeitsplatz erkennen?

    Mithilfe der psychischen Gefährdungsbeurteilung können organisatorische Schwachstellen und Belastungsquellen innerhalb des Unternehmens identifiziert werden, die Analyse ist seit 2013 gesetzlich vorgeschrieben. Die Risikofaktoren werden anhand folgender Eckpunkte analysiert:

    • Arbeitsintensität (wie quantitative oder qualitative Überforderung der Mitarbeiter)
    • Arbeitsorganisation (Arbeitszeit, Arbeitsablauf, Kommunikation/Kooperation)
    • Dauer und Verteilung der Arbeitszeit (wie Arbeitszeit- und Pausenregelungen)
    • Umgebungsfaktoren wie Lärm, Enge, Beleuchtung und Klima
    • mangelndes soziales Miteinander am Arbeitsplatz (Streit, Mobbing etc.)
    • schlecht gestaltete Arbeitsprozesse (wie häufige Störungen im Arbeitsablauf)
    • Führungsverhalten der Vorgesetzten

    In der Praxis kann es sinnvoll sein, die Ergebnisse mit Mitarbeitergesprächen zu kombinieren, um die Angaben besser einzuschätzen und konkrete hilfreiche Maßnahmen abzuleiten.

    Tipp: Es können kurzfristig umsetzbare Maßnahmen und längerfristige Projekte unterschieden werden. Oft können Unternehmen bereits mit den Quick Wins eine positive Wirkung erzielen (z.B. Headsets, Raumteiler gegen Lärm, regelmäßige Teammeetings für eine bessere interne Kommunikation, Führungskräftecoaching für bessere Leadership Skills).

    Präventive Maßnahmen für mentale Gesundheit

    Jeder Mensch hat individuelle Grenzen der Belastbarkeit. Manche Mitarbeiter:innen können mit Zeitdruck gut umgehen, werden aber durch Konflikte stark belastet – oder auch umgekehrt. Jede:r hat individuelle Stärken und Schwächen. Genau darum geht es bei der Prävention: Stärken stärken und Schwächen schwächen. Dafür gibt es individuelle Maßnahmen und Angebote. Mit Blick auf die seelische Gesundheit sind dies beispielsweise Entspannungstechniken, Yoga, Meditation, Stressbewältigungsstrategien und eine ausgeglichene Work-Life-Balance. Im Bereich der körperlichen Gesundheit spielt regelmäßiger Sport, gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und Erholung eine zentrale Rolle. Im Bereich der sozialen Gesundheit ist ein stabiles Netz sozialer Kontakte wichtig.

    Yoga für mentale Gesundheit

    Was können die Unternehmen konkret anbieten?

    Zu den zahlreichen Maßnahmen und Angeboten, die unternehmensindividuell umgesetzt werden können, zählen:

    • Wertschätzende Kommunikation sollte zu den obersten Prioritäten gehören: In vielen Unternehmen hat es sich bewährt, direkte Kommunikation zu fördern und Unstimmigkeiten in den Teams vorzubeugen. Konflikte sollten möglichst schnell angesprochen und gemeinsam gelöst werden. In Frage kommt ein Trainingsprogramm für gute Kommunikation, Selbstreflexion, Perspektivwechsel und Verständnis für das Gegenüber.
    • Weiterbildungen sind ein weiteres nützliches Tool zur Prävention, beispielsweise Seminare, Workshops oder Coachings zu Themen wie Teambuilding, Umgang mit Stress, Work-Life-Balance und Zeitmanagement.
    • Das Arbeitspensum und die Arbeitszeiten für den Einzelnen sollten angemessen und realistisch sein. Sonst ist Leistungsdruck und Stress vorprogrammiert.
    • Ausreichende regelmäßige Pausen während der Arbeitszeit sind eine einfache, aber wirkungsvolle Methode, Ausgleich zu schaffen und Stress abzubauen. Denkbar sind auch (virtuelle) gemeinsame Kaffeepausen, bestimme Offline-Zeiten oder Meditationspausen. Eine Meditations-App kann für regelmäßige Auszeiten und Ruheinseln sorgen.
    • Sport: Dienstrad, Yogakurse, Fitnessstudio – Sport schafft einen Ausgleich zum Arbeitsalltag und senkt nachweislich das Stresslevel. Wenn gemeinsam trainiert wird, fördert das gleichzeitig das Teambuilding.
    • Gemeinsame Aktivitäten können Teams zusammenschweißen. Regelmäßige Teamevents, Treffen, Challenges oder eine gemeinsame Workation verbessern den Zusammenhalt im Team.
    • Arbeitsfreie Kommunikationskanäle können Gemeinsamkeiten im Team fördern. Dafür bieten sich Onlinekanäle an, in denen es dann eher um persönliche Dinge wie Hobbies und private Interessen geht.
    • Es gibt mittlerweile viele Gesundheits-Apps für Unternehmen: Über die Apps können Mitarbeitende, Video-Therapiestunden mit verifiziertem Fachpersonal buchen, ein Emotionstagebuch führen und Anleitungen für bewährte Praktiken zur Verbesserung der psychischen Gesundheit erhalten.
    • Unternehmen können externe BGM-Dienstleister ins Boot holen, um ein professionelles Gesundheitsmanagement zu entwickeln und zu etablieren.
    • Externe Anbieter schaffen über ein Employee Assistance Program Zugang zu Ansprechpartnerinnen und Experten für bestimmte Problemfelder, wie Psychotherapeuten oder Coaches.

    Entscheidend ist, dass vor allem Führungskräfte das Thema innerhalb des Unternehmens offen ansprechen und es nicht unter den Teppich kehren. Mentale Gesundheit wird sich künftig weiter etablieren. Die Prävention und Behandlung von psychischen Leiden sind zentrale Zukunftsthemen für Unternehmen, die auf gesunde resiliente Mitarbeiter angewiesen sind.

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