Klaus, vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast.
Welche Trends beobachtest du beim Innovation Management derzeit?

Ich denke, der Druck Innovation schneller zu erzeugen, ist gewachsen. Die Veränderungen der Märkte, der Technik und Umwelt sind so rasant, da kann sich keiner mehr auf seiner Cash Cow ausruhen. Bestes Beispiel ist natürlich COVID-19: Restaurants stellen auf Lieferdienst um, kleine Händler vermissen schmerzlich ihren Einstieg in die Online-Welt. Das konnte jeder Bürger beobachten. Im Kleinen wie im Großen. Auch die globale Abhängigkeit von Lieferketten wurde deutlich. Ich habe mir im März ein Auto bestellt und der Liefertermin wurde gerade von Juli auf Oktober geschoben. Das Auto ist fertig, aber der kleine Chip fehlt noch. Und der kommt aus China. Und der hat Rückstand wegen COVID-19.

Wir müssen uns also immer schneller neu erfinden, neu aufstellen, neu organisieren. Und dazu braucht es Innovation und eine schnelle digitale Umsetzung der Prozesse. Eine wichtige Voraussetzung für schnelle Innovation ist das, was man im Allgemeinen als „Open Innovation“ bezeichnet. Keiner erfindet mehr allein im geschlossenen Kämmerlein. Es geht vielmehr darum die richtigen Partner zu finden, die richtigen Startups und die Innovation in einer Kollaboration zu ermöglichen. Und das wiederum braucht eine gewisse Kultur innerhalb des Unternehmens. Da gehört das richtige Mindset dazu. Daran müssen viele Firmen hart arbeiten.

Welche Voraussetzungen sollten Unternehmen mitbringen, um Open Innovation einzuführen?

Offenheit. Neugier. Passion. Das sind aus meiner Sicht die Schlagworte für Open Innovation. Ich muss mich lösen können: von der Idee, der Beste zu sein, mich auf meinem erfolgreichen Produkt auszuruhen. Ich muss immer um die Ecke und hinter den Horizont schauen. Wie entwickelt sich der Markt, die Konkurrenz, die Technik? Ich muss Spaß haben und das Neue wollen. Aber Innovation kann man nicht delegieren. Das müssen die Mitarbeiter leben und sie müssen auch dafür belohnt werden.

Mindset ist Key. Welches Mindset brauchen erfolgreiche Open Innovation Manager?

Im Prinzip ist das die Fortsetzung der vorangegangenen Frage. Offenheit, Neugier, Passion manifestieren sich im Mitarbeiter. Im besten Sinne gibt es nicht den einen Open Innovation Manager. Jeder Mitarbeiter kann die Idee haben. Klar braucht man Struktur und eine Organisation in der diese Idee aufgefangen und dann unterstützt werden kann.

Aber vielleicht noch etwas tiefer im Mindset. „Out of the Box”-Denken, das Gegenwärtige immer in Frage stellen. Auch manchmal gegen Windmühlen kämpfen. Das ist gar nicht so einfach. Die gute Idee reicht nicht. Die Umsetzung ist King. Dafür braucht man Teams, die an die Innovation glauben und gemeinsam daran arbeiten. Bei Open Innovation ist das Team oft nicht nur intern, sondern da kommen auch externe dazu. Partner, Startup, Unis… Manchmal muss man sogar mit dem Konkurrenten die neue Situation bearbeiten, um sich nach der Veränderung wieder in den Konkurrenzkampf zu begeben.

Um internes Wissen in die Produktentwicklung einzubringen, müssen Silos eingerissen werden. Mit welchen Bereichen funktioniert die Zusammenarbeit besonders gut und warum?

Das ist ein wichtiges Thema. Oft sind Innovationsabteilung und die aktuelle Produktionsabteilung getrennt. Da kommt es oft zum sogenannten „Not invented by me“-Syndrom. Eine gute Idee wird nicht angenommen, weil es aus einem anderen Beriech kommt, weil man eigentlich schon immer selbst genau daran gedacht hat, weil man keine Zeit für die Idee hat. Die berühmte stumpfe Axt, die nicht geschärft werden kann, weil man ja Bäume fällen muss und deshalb keine Zeit hat.

Auch hier hilft nur Kommunikation und arbeiten an der Innovationskultur im Unternehmen. Wenn intern das Gefühl besteht „die Künstler“ aus der Innovationsabteilung dürfen „Spinnen“ während wir hier das Geld „erschufen“… dann geht das schief. Es muss ein Miteinander sein und man braucht zwischen diesen Bereichen Verbindungsoffiziere. Am besten jemand, der in der Produktion für Innovation zuständig ist. Jemand aus der Innovation, der direkt mit der Produktion zusammenarbeitet. Die Idee muss den Stallgeruch haben, „Wir haben das gemeinsam erfunden“ und uns nur die Arbeit geteilt. So kann es funktionieren.

Oft geht durch komplexe Strukturen oder eingefahrene Prozesse viel Wissen in Unternehmen verloren. Mit welchen Steps können Unternehmen das Teilen und Nutzen von Wissen besser organisieren?

Ja, wir sagen bei uns immer „Wenn SAP wüsste, was es wüsste…“ . Erstaunlicherweise ist die Kaffeeecke bei SAP der wichtigste Wissenspeicher. Sozusagen mündliche überliefertes Wissen. Oder anders ausgedrückt. Das eigene Netzwerk ist unersetzlich. Egal, wie gut man Sachen dokumentiert, abspeichert. Das Detail ist schwer zu finden. Aber erstaunlicherweise bekomme ich immer einen guten Hinweis, wenn ich den nächsten Kollegen frage… Oft mit der Antwort, frag doch mal XY. Nach dreimal weiterleiten bin ich am Ziel und habe meinen Experten oder die Information gefunden. Also auch hier: Kultur der Offenheit, des Austausches und des Miteinanders.

Wie definierst du in deinem Unternehmensbereich Erfolg und mit welchen KPIs misst du diesen?

Ich denke, für alle Unternehmen gilt die Ausrichtung am Kunden. Ist der Kunde zufrieden, haben wir unsere Ziele erreicht. Ich persönlich finde, dass fast alles unter diesem Blickwinkel betrachtet werden kann. Eine HR-Abteilung hat Mitarbeiter oder Manager als Kunden. Wenn ich eine Präsentation für meinen Chef erstelle, ist er mein Kunde. Wenn ich für eine Community verantwortlich bin, dann ist meine Community mein Kunde. Und diese Zufriedenheit kann ich messen. Daraus ergeben sich die KPIs. Das kann der Umsatz sein, die Kundenzufriedenheitsumfrage, die Gehaltserhöhung, die Anzahl der „gut gemacht“ meines Chefs.

Welche Schnittmengen gibt es zwischen deiner Abteilung und den Bereichen Transformation und HR?

Innovation führt zu Transformation. HR bietet einen wichtigen Service, um die Transformation zu ermöglichen. Dazu muss HR aber aus der passiven Verwalter Rolle heraus in eine aktive gestalterische Rolle, Kultur mitbestimmen, und auf die Bedürfnisse der neuen Generationen eingehen. Das Beet bereitstellen, auf dem Talente wachsen können.

Biografie

Klaus Schimmer

Klaus Schimmer ist Chief Innovation Architect für das Thema Sustainability bei SAP.

Seine Karriere begann er in internationalen Werbeagenturen und das Denken aus dem Blickwinkel des Kunden begleitet ihn bis heute. Nach mehreren Positionen im Bereich Security, Partnermanagement, Government Relations, Machine Learning und Startup Aktivitäten bei SAP, beschäftigt er sich nun mit dem wichtigen Thema der Innovation rund um Sustainability.

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