Deutschland ist das Land der Ideen, der Dichter und Denker. Aber wie können wir unsere guten Ideen tatsächlich umsetzen? Woran hapert es aktuell noch bei der Entwicklung von Innovationen und deren Umsetzung?

Ein Teil des Problems ist, dass viele Manager in gewisser Hinsicht in Leitbildern des 20. Jahrhunderts feststecken und vor allem an Cashflow und Finanzzahlen denken. Doch CEOs brauchen einen breiteren Blick. Sie müssen zwar weiter für den Erfolg des Kerngeschäfts sorgen, gleichzeitig müssen sie aber auch den Blick auf neue Ideen, neue Services und neue Geschäftsfelder in einer sich schnell verändernden Umfeld richten. Dies ist häufig nicht mit einer traditionellen Sichtweise auf das Unternehmen im Einklang. Innovative Ideen sind da nur ein Störfaktor für den reibungslosen Ablauf und finden wenig Resonanz.

“Damit laufen Unternehmen jedoch Gefahr, die Kontrolle über ihren Markt zu verlieren – so wie die deutschen Autohersteller”

resümiert Steve Blank, amerikanischer Unternehmer und Dozent. „Industrie 4.0. ist ein gutes Beispiel dafür, dass es in Deutschland nicht an innovativen Ideen mangelt – aber zu selten gelingt, die Ideen dann auch zum Wohle von Wirtschaft und Gesellschaft umzusetzen,“ sagt auch Boris Otto Institutsleiter des Fraunhofer Instituts ISST.  Von der Zukunftsvision einer digitalisierten Produktion beispielsweise in der Autoindustrie mit vernetzten Prozessen, automatisierten Abläufen und Smart Data, ist außer vereinzelten „Proofs of Concept“ nur wenig umgesetzt.

Das deutsche Innovationssystem – Industrie, Forschung und Politik – sollte sich wandeln, um den Anforderungen des digitalen Zeitalters gerecht zu werden. Dazu bieten sich gerade jetzt große Chancen. Boris Otto erläutert beispielsweise in neun Eckpunkten, wie eine Zusammenarbeit aussehen könnte, um digitale Chancen nicht weiter verstreichen zu lassen. Hierfür wählt er das konkrete Beispiel Gaia-X, die Initiative für eine verteilte Dateninfrastruktur zur Sicherung der Daten- und Cloudsouveränität in Europa. 

Auch die Idee zu Gaia-X hat ihre Wiege in Deutschland, doch droht auch hier ein Szenario, in dem nichteuropäische Anbieter die Technologien über ihre Plattformen schneller in den Markt bringen als europäische Anbieter.

In den neun Punkten im Beitrag von Boris Otto geht es unter anderem um die Organisation und Form der Zusammenarbeit und des Projektmanagements: Kooperation statt Partikularinteressen, grober Konsens statt akribische Reißbrettplanung, Agilität mit kurzen Feedback-Zyklen statt Wasserfall, OpenSource Software als Vertrauensanker, Datennutzung für Innovation vs. Datenschutz, Unternehmergeist und Mut zur statt Absicherung sämtlicher Risiken. Erst muss in kollektiver Vorleistung ein Straßennetz oder eine Infrastruktur gebaut werden, bevor dann der erste „Smart Service“ darauf angeboten werden kann. Sonst werden ökonomische Gelegenheiten kollektiv verpasst.

Wenn Unternehmen gemeinsam Lösungen entwickeln, kann das ungeahnte Kräfte freisetzen

Doch die meisten Managerinnen und Manager verfolgen nur ungern riskante Projekte. Sie lehnen risikobehaftete Investitionen ab, weil sie Angst vor Verlusten haben. Das ist nicht rational und häufig nachteilig für das Unternehmen. Denn so werden nicht die besten Projekte angestoßen, sondern die risikoärmsten.

Viele Manager haben zudem die falsche Vorstellung, dass die Entwicklung von Innovationen ein konfuser Prozess ist, ohne Struktur. Dabei ist oft das Gegenteil der Fall. Um Innovationen für ein Unternehmen nutzen zu können, braucht es einen sorgfältig gestalteten, formalen Prozess. Im besten Fall ist die Entwicklung radikaler Innovationen ähnlich straff organisiert wieder der operative Betrieb des Unternehmens.  Wenn das Team sehr gut vorbereitet ist, entsteht eine Sicherheit, ein Ziel auch zu erreichen, unabhängig davon, wieviel Anpassungen und Richtungsänderungen unterwegs gegebenenfalls nötig sind.

Ein Weg, um Risiken in Bezug auf die Absatzmärkte zu reduzieren, kann beispielsweise Co-Creation sein. Hier werden die Kunden direkt in den Innovationsprozess integriert. Kunden verfügen über immer mehr Know-how, sind kritischer und verlangen nach einfachen Lösungen, die sich sofort einsetzen lassen. Innovationen, die genau diese Bedürfnisse befriedigen, können abgeschottete F&E-Abteilungen nicht bieten. Hier findet gleich ein Match zwischen neuen innovativen Ideen und dem Absatz statt, das bringt Sicherheit und verleiht der Kundenorientierung Ausdruck.

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