„Flexicurity“ – ein sperriger Begriff. Heute wollen wir uns anschauen, was hinter diesem Zusammenzug aus „Flexibility“ und „Security“ steckt und uns einige Beispiele vornehmen. Der Begriff beschreibt ein arbeitsmarktpolitisches Modell, das darauf abzielt, die scheinbaren Zielkonflikte aus dem Wunsch, die größtmögliche Flexibilität und gleichzeitig ein Höchstmaß an Sicherheit zu haben, aufzulösen. Kann das überhaupt funktionieren?

Interessenskonflikte überbrücken

Entwickelt wurde dieser Gedanke 1995 vom niederländischen Soziologen Hans Adriaansens, der in wissenschaftlichen Vorträgen von einer Verschiebung von security within a job“ hin zu „security of a job sprach. Zugrunde liegt die Idee, dass Arbeitgeber für ihre Wettbewerbsfähigkeit im globalen Arbeitsmarkt von einer höheren Flexibilität profitieren. Dies gilt insbesondere für Arbeitgeber, die einen schwankenden Bedarf an Mitarbeiter:innen haben, beispielsweise durch Saisonarbeit oder schwankende Produktionszyklen. Auf den Punkt gebracht: Arbeitgeber profitieren in diesem Fall beispielsweise von lockereren Kündigungsmöglichkeiten oder befristeten Arbeitsverhältnissen.

Die Belegschaft hat natürlich ein anderes Ziel: einen sicheren, gut bezahlten Arbeitsplatz, der soziale Absicherung und persönliche Planung ermöglicht.

Europäische Union: Wachstum sichern, Arbeitslosigkeit senken

Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Union bereits 2007 eine „Flexicurity-Strategie“ definiert, um einen Ausgleich zwischen diesen Interessen zu schaffen. Damit soll die Wettbewerbsfähigkeit gefördert, Wachstum gesichert und Arbeitslosigkeit verringert werden. Das Leitbild umfasst vier Komponenten:

  • flexible und verlässliche vertragliche Vereinbarungen
  • umfassende Fortbildungsstrategien für lebenslanges Lernen
  • wirksame aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen
  • moderne Sozialversicherungssysteme

Als erfolgreiche Maßnahmen der Mitgliedsstaaten werden beispielsweise das österreichische System von Abfindungszahlungen und das dänische „goldene Dreieck“ genannt.

Österreich verfügt beispielsweise über eine recht hohe Arbeitsmarktflexibilität mit einem durchschnittlichen Niveau von Sozialleistungen, kombiniert mit einem starken Vertrauen auf die Sozialpartnerschaft. Dazu gehört auch, dass das österreichische Arbeitsrecht einfache Entlassungsverfahren ermöglicht und damit eine geringe Arbeitsplatzsicherheit definiert. Im europäischen Vergleich liegt Österreich im mittleren Durchschnitt bei der Arbeitslosenquote (rund 7% 2021).

Anders sieht es in Dänemark aus: Mit rund 4,3% liegt die Arbeitslosenquote europaweit im unteren Drittel (zum Vergleich: Deutschland 3,6%). Wie in Österreich, bietet das Arbeitsrecht dort ebenfalls nur einen schwachen Kündigungsschutz. Dies wird allerdings von einer intensiven Förderung des lebenslangen Lernens sowie eines starken sozialen Sicherungssystems aufgefangen. So gibt es hier 90 Prozent des letzten Einkommens für bis zu vier Jahre lang als Arbeitslosengeld. Dies ist zwar bei 1800 Euro im Monat gedeckelt, entlastet aber dennoch gerade Geringverdiener. Außerdem fördert Dänemark Weiterbildungsmöglichkeiten mit über 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts.

In Deutschland sieht die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung „die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft bedroht sowie Produktivität und Wirtschaftswachstum gebremst“, weil den Arbeitgebern zwar deutlich mehr Freiheiten durch geringfügige Beschäftigungsmöglichkeiten gewährt worden seien, diese würden jedoch nicht mit ausreichend Weiterbildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen einhergehen. Dies läge insbesondere daran, dass geringfügig Beschäftigte bei Weiterbildungen nicht mit der Kernbelegschaft gleichgestellt würden.

New Work als Booster für Weiterbildungen

Im Zuge von New Work Initiativen in Unternehmen und der zunehmenden Bedeutung von lebenslangem Lernen zur Vorbeugung und Kompensierung des Fachkräftemangels, scheint sich hier inzwischen aber deutlich mehr zu tun. Zudem erkennen immer mehr Arbeitgeber, dass die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen zur Produktivität und Kosteneffizienz beiträgt: Wer gefördert wird, wird flexibler und kann in mehreren Bereichen eingesetzt werden – das spart nicht nur das Geld für die Suche nach neuen Kolleg:innen, sondern auch die Einarbeitungszeit.

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