Employer Branding: Runter vom hohen Ross!

Marcus Merheim berät mit Hooman Employer Marketing die verschiedensten Unternehmen. Doch eines haben sie alle gemeinsam: Die schwierige Suche nach Mitarbeiter:innen. Im COPETRI-Interview erzählt Marcus, was Arbeitgeber:innen attraktiv macht, wie sie ihr Employer Branding aufsetzen sollten und warum es Zeit wird, auch mal in neuen Teichen zu fischen. 

MARCUS, SCHON VOR DER PANDEMIE HAT SICH ABGEZEICHNET, DASS DIE SUCHE NACH MITARBEITER:INNEN SCHWIERIGER WIRD. WIE HAT SICH CORONA AUF DIESE ENTWICKLUNG AUSGEWIRKT?

Die Pandemie hat Entwicklungen verstärkt, die schon lange davor begonnen haben. Und da sind nun klar die Unternehmen im Vorteil, die sich bereits heute mit ihrer eigenen Identität auseinandersetzen. Es zahlt sich aus, sich grundlegende Fragen zu stellen, etwa: Wofür stehen wir als Arbeitgeber, was macht uns aus? Wie wollen wir miteinander arbeiten? Wie kommunizieren wir, wie oft und auf welchen Wegen? 

Kommunikation ist ein zentraler Punkt, der durch die pandemiebedingte Verteilung der Mitarbeiter:innen auf verschiedene Arbeitsorte nochmals bedeutender wurde. Auch sind gewisse Werte durch remote Work wichtiger geworden. Hier ist vor allem das Vertrauen in die Mitarbeiter:innen zu nennen. Denn ich kann heute wirklich nicht mehr kontrollieren, wie und wann meine Kollegen und Kolleginnen im Home-Office arbeiten. Da braucht es mehr Vertrauen als vor der Pandemie, und auch das muss erstmal gelernt werden.

DAMIT SPRICHST DU DAS THEMAREMOTE LEADERSHIP AN. WAS MÜSSEN UNTERNEHMEN TUN, DAMIT DAS BESSER GELINGT? 

Ich finde, dass es sich viele Unternehmen in der Pandemie mit diesem Thema zu leicht gemacht haben. Führungskräfte benötigen bei remote oder hybridem Arbeiten mehr Zeit für Kommunikation mit dem jeweiligen Team-Mitglied. Dabei ist es wichtig, die mentale Gesundheit im Blick zu haben und aktiv nachzufragen, wie es den Leuten geht. Denn per Bildschirm erkenne ich das oft nicht.Beziehung, Mut und Vertrauen halte ich für die künftigen Grundpfeiler guter Führung. Sie zu pflegen, ist anstrengend und zeitaufwändig. Führungskräfte führen ja nicht nur, sondern haben auch noch andere Aufgaben. Das eigene Unternehmen muss sie deshalb wesentlich stärker dabei unterstützen, die Herausforderungen zu meistern, indem es zum Beispiel Trainings und Weiterbildungen zu Remote Leadership anbietet. 

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UNTERNEHMEN MIT EINER GUTEN FÜHRUNGSKULTUR PUNKTEN AUCH BEIM EMPLOYER BRANDING. WELCHE FAKTOREN SIND NOCH WICHTIG, UM ALS ARBEITGEBER ATTRAKTIV ZU SEIN? 

Grundsätzlich spielen drei Punkte eine Rolle: Arbeitsaufgaben,  Arbeitsbedingungen und –umgebungen sowie sozio-emotionale Faktoren.

Es zeigt sich immer deutlicher, dass Letztere für Mitarbeiter:innen und Bewerber:innen wichtiger werden. Die Unternehmenskultur ist der entscheidende Faktor, ob ein Arbeitgeber attraktiv ist. Wie viel Vertrauen herrscht im Unternehmen? Wie gestalten sich die Beziehungen? Wie stark ist der Zusammenhalt?

WIE SOLLTE EIN UNTERNEHMEN VORGEHEN, DAS ES MIT EMPLOYER BRANDING ERNST MEINT? 

Wir empfehlen Unternehmen, in vier Schritten vorzugehen: 

1. Analyse und Strategie

Hier geht es darum herauszufinden, wo überhaupt der Schuh drückt: Welche Rahmenbedingungen haben wir? Gibt es generell zu wenige oder zu wenig passende Bewerbungen? Wen suchen wir überhaupt? Dann ist natürlich die Kulturanalyse sehr wichtig: Wofür stehen wir? Was sind unsere Werte? Was macht das Arbeiten bei uns besonders? Und: Was differenziert uns von anderen Arbeitgebern? Denn es halten ja alle ihre Angel in den Teich hinein und ich muss mich unterscheiden, wenn ich erfolgreich sein will. Daraus erarbeiten wir eine Strategie, darauf basierend erarbeiten wir dann die Arbeitgeberpositionierung eines Unternehmens inklusive der EVP (Employer Value Propositon – die Red.) und weiteren Aspekten wie Unternehmenswerten. Oft werden dabei selbst langjährigen und erfahrenen Geschäftsführungen nochmal ganz neue Aspekte bewusst, die sie bisher immer als selbstverständlich angesehen haben. 

2. Interne Verankerung 

Hier geschieht häufig ein Kardinalsfehler: Unternehmen sind dann so sehr begeistert von der erarbeiteten Positionierung, dass sie damit sofort „nach draußen“ gehen. Doch dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass bestehende Mitarbeiter:innen aus den Medien oder der externen Kommunikation Aspekte zu ihrem Unternehmen erfahren, die sie noch nie gehört haben und die sie nicht teilen. Es ist daher absolut bedeutsam, die Positionierung intern über eine intensive interne Kommunikation bei allen Mitarbeitenden zu verankern. 

3. Externe Kommunikation 

Wenn die interne Verankerung gelungen ist, kann man es extern krachen lassen. Dann stellt sich die Frage: Über welche Medien und auf welchen Kanälen erreichen wir mit welchen Maßnahmen genau diejenigen, die wir suchen? Dabei ist es wichtig, dass Employer Branding nicht mit Personalmarketing verwechselt wird, denn Maßnahmen mit Bezug auf die Arbeitgebermarke fußen auf der strategisch ausgerichteten Gesamtpositionierung des Unternehmens. Da geht es sozusagen ans Eingemachte.

4. Arbeitgebermarken-Management 

Eine Arbeitgebermarke muss gepflegt werden. Wie bei einem Baum muss ich gießen und auch mal einen Zweig abschneiden, damit er stark werden kann. Deshalb ist es unabdingbar, auch die Arbeitgebermarke langfristig zu managen. An diesem Punkt übergeben wir die Verantwortung auch wieder komplett an die Verantwortlichen in den Unternehmen. Wobei wir in letzter Zeit auch vermehrt die Freude haben, diese dann noch eine Weile im Sinne eines Sparrings begleiten zu dürfen. Denn auch uns ist wichtig, dass aus dem zarten Pflänzchen ein starker Baum wird! 

Marcus, vielen Dank für das Gespräch!